FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

Damit hebe er sich von anderen Faktor-Investing-ETFs ab. Zudem laufe er mit seiner Strategie keinen Moden oder einer vergangenen guten Wert- entwicklung hinterher, betont der Fondsinitiator. „Wir betreiben kein Backtesting, also rückwärtsgerichtet die beste Strategie heraussuchen, um eine tolle historische Performance zu zei- gen“, sagt Kommer. „Das ist ethisch und moralisch verwer ich – und auf lange Sicht kein Erfolgsrezept.“ Auf allen Kanälen Dieser Ansatz ist gewiss keine leichte Kost. „Integriertes Multi-Faktor-Inves- ting ist ein erklärungsbedürftiges The- ma. Das vermarktet sich nicht von al- lein“, drückt es der Firmengründer aus. Talent dafür wird ihm aber beschei- nigt. „Gerd Kommer nimmt eine besonde- re Rolle in der Branche ein“, sagt Philipp von Königsmarck, der bei Legal &General Investment Management den Wholesale- Vertrieb in Deutschland, Österreich und Luxemburg leitet. „Er durchdringt die wissenschaftlichen Zusammenhänge. Vor allem kann er diese so transportieren, dass Privatanleger sie ebenfalls verstehen.“ Beim Publikum kommt das augen- scheinlich gut an. Kommers Youtube-Kanal zählt mehr als 30.000 Abonnenten. Bei den Videos reichen die Aufrufzahlen zuweilen in die Hunderttausende hinein. „Die sozia- len Medien sind unglaublich wichtig für unser Marketing. Das hätte ich mir, als wir vor sieben Jahren an ngen, niemals träu- men lassen“,meint der Vermögensverwalter. „Wir gewinnen 90 Prozent unserer Kunden über contentbasierte Medienpräsenz.“ Da- bei handle es sich nicht um bezahlte Wer- bung, betont Kommer. Vielmehr seien es inhaltliche Beiträge in Print-Artikeln, in Podcasts sowie in sozialen Medien, sowohl auf den eigenen Kanälen wie auch als Gast bei anderen. „Dieses Modell verfolgt im Grunde kein anderer Vermögensverwalter in Deutschland.“ Gut die Hälfte seiner Arbeitszeit widme er demMarketing im weiteren Sinne. „Ich mache das gern“, verrät Kommer und meint, er könne diesen Schritt anderen Ver- mögensverwaltern nur empfehlen. Doch Nachahmer sollten zwei Grundregeln be- achten. „Erstens eine Schlagzahl für Social- Media-Verö entlichungen nden, die man über sehr lange Zeit konsistent einhalten muss“, so der Kommunikationspro . „Zwei- tens sollte man eine gewisse inhaltliche Qualität liefern. Man sollte kein langweili- ges Zeug oder etwas, das schon tausend- fach erzählt wurde, wiederholen.“ Der ETF stoße auf überwiegend positive Resonanz, berichtet Kommer. „Ein paar Nörgler, die etwas bekritteln, gibt es immer.“ So meldete sich Ali Masarwah, Geschäfts- führer des Fondsdiscounters Envestor, zu Wort. „Gibt es eine Schwelle bei den Kos- ten, ab der die Geburt des ‚Papst-ETFs‘ nicht mehr als unbe eckt gilt?“, schrieb der frühere Morningstar-Experte auf der Plattform Twitter, die mittlerweile in „X“ umbenannt ist. Er fügte an: „Spoiler: Wer jetzt mit 0,5 Prozent kommt, ist im Jahr 2010 stehen geblie- ben“, ulkte Masarwah. So hoch ist die Gebühr des Kommer-ETFs. Der nimmt so etwas sportlich. „Ich bin ein großer Verfechter von niedri- gen Kosten“, betont Kommer. Er wolle immer zu denen gehören, die am preisgünstigen Ende des Spektrums rangieren. „Doch null Gebühren gehen nun mal nicht. Man muss kostendeckend arbeiten“, betont der Ökonom. „Alle Beteiligten müssen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit ange- messen entlohnt wird.“ Die Bank ist kein Freund Hat Kommer nach dem ETF weitere Pläne? Zunächst steht die sechste Neuau a- ge seines Bestsellers „Souverän investieren“ an. Allerdings fällt der Untertitel „Wie Pri- vatanleger das Spiel gegen die Finanzbran- che gewinnen“weg, verrät der Autor. Man müsse den Untertitel im Kontext der Zeit um die Jahrtausendwende sehen. „Als ich das Buch schrieb, war das Vertrauen in Banken unerschütterlich“, erläutert Kom- mer. „Banker zählten zu den Lieblings- schwiegersöhnen neben Ärzten und An- wälten.“ Heute sehe das ganz anders aus. „Die Banken haben sehr erfolgreich ihre Reputation ruiniert“, meint der Vermö- gensverwalter. „Ich wollte damals den Men- schen klarmachen, dass die Bank nicht ihr Freund ist. Das ist heute nicht mehr nötig.“ Perspektivisch kann er sich neben dem ETF noch ein Multi-Asset-Portfolio vor- stellen. Im Grunde sieht er aber einen Höhepunkt erreicht. „Als Unternehmer bin ich mit dem Weltportfolio-ETF dort angekommen, wo ich vor sieben Jahren zu Beginn meiner Reise hinwollte“, resümiert Kommer. SEBASTIAN ERTINGER FP Gerd Kommer: „Banker zählten zu den Lieblingsschwieger- söhnen neben Ärzten und Anwälten. Heute sieht das ganz anders aus. Die Banken haben ihre Reputation erfolgreich ruiniert.“ » Da hätten wir zum Hungerlohn gearbeitet. « Gerd Kommer VERTRIEB & PRAXIS Gerd Kommer 380 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © TANJA ALDE

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