FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

Doch die Spezialanbieter der Filialen auf Rädern könnten bald Konkurrenz von einem großen „Player“ bekommen: Mit dem DB Financebus wartet die Deutsche Bahn mit einem neuen mobilen Konzept für die Banken auf. Partner der Bahn sind dabei der US-Telekommunikationsriese Cisco und das Systemhaus Ethcon aus München, das ab Oktober unter der Marke Conscia Deutschland auftreten wird. Das Besondere am DB Financebus: Die Bahn möchte die Busse nicht verkaufen, sondern vermieten. Sie stellt dabei den Fah- rer und die komplette Technik. Auch zwei oder noch mehr Kreditinstitute können gemeinsam einen Bus mieten. „Mit dem DB Financebus wollen wir Banken ein mobiles Filialkonzept bieten, mit dem sie für ihre Kunden in der Fläche präsent sein können“, erläutert ein Bahnsprecher. Sein Konzern kümmere sich um Fahrer und Wartung. „Die Banken sollen sich ganz auf ihr Kerngeschäft, die Beratung ihrer Kun- den, konzentrieren können“, meint der Sprecher. Die monatlichen Kosten für den Bus richteten sich danach, wie viel Service die Bank wünsche. Ein Kassenbereich ist aus Sicherheitsgründen nicht vorgesehen. Ansonsten gehen die Bahner auf die Wün- sche der Institute ein. „Den Innenraum des Busses passen wir individuell an die Anfor- derungen der Banken an. Mittels einer Datenbrille lässt sich der jeweilige Entwurf sogar vor demUmbau virtuell besichtigen“, wirbt die Bahn. Teilen sich mehrere Institu- te einen Bus, erkennt die Technik anhand der Bankkarte des Kunden, zu welchem In- stitut er möchte – und stellt das Interieur auch farblich auf die jeweilige Bank ein. „Online only“ ist riskant Wenn Banken fast ausnahmslos auf digi- tale Technik setzen, bleiben einige Kunden auf der Strecke. „Das Risiko der Online- Strategie besteht darin, dass sich einige Kundengruppen nicht mehr ausreichend abgeholt fühlen“, sagt Nourdine Abderrah- mane, Partner der Anwaltskanzlei Lucht Probst Associates in der Schweiz. „Körper- liche Einschränkungen oder auch sprachli- che Barrieren können es Nutzern unmög- lich machen, digitale Kanäle e ektiv zu nutzen. Diese Gruppen bedürfen einer eigenen Ausrichtung. Ähnliches sieht man auch bei Senioren.“ Insbesondere die letzt- genannte Zielgruppe sollten die Institute nicht aus den Augen lassen, denn laut An- gaben des Anwalts ist sie sehr attraktiv. „Die ältere Gruppe ist deutlich loyaler zur Haus- bank, die Bereitschaft zum Wechsel ist we- sentlich geringer als bei jüngeren Kunden“, so Abderrahmane. Darüber hinaus sei das Vermögen im Schnitt höher als bei Jünge- ren. „Diese Kombination macht die Senio- ren zu einer hochinteressanten Zielgruppe, mit der Banken Geld verdienen können.“ Gerade in der DACH-Region wachse die- ses Segment zudem besonders stark. Beraten per Video Insbesondere für die ältere Zielgruppe scheint der Financebus gut geeignet zu sein, da er alle Beratungsleistungen einer großen Filiale bis auf den kleinsten Dorf- platz bringen kann. „Der Financebus bietet das Schalter- und das Beratungsgeschäft an. Somit kann die klassische vertriebliche Schalter-Frage für beratungsintensive The- men gestellt und der Kunde direkt in die Beratungslounge überführt werden“, sagt Peter Junginger, Leiter des Bereichs Digital Transformation bei Ethcon. Durch die eingesetzte Videotechnologie könne nach Bedarf ein Spezialist etwa für die Anlageberatung, für Immobilienkredite oder Versicherungen in den Bus zugeschal- tet werden. Sprich: Es wird auch das Neu- geschäft unterstützt. „Dagegen sind die der- zeit amMarkt be ndlichen Lösungen nahe- zu reine Kostencenter“, so Junginger. Die Macher des Busses können sich sogar vor- stellen, dass sich die Institute den Bus mit bankfremden Dienstleistern teilen. „Wir binden die dazugehörigen Kommunen sehr stark ein. Da wäre beispielsweise auch eine Kombination mit einem mobilen Bürgerbüro denkbar“, erläutert Junginger. Medibusse Die Bahn stürzt sich nicht völlig unerfah- ren in das Bankbus-Abenteuer: Mit alter- nativen mobilen Dienstleistungszentren kennt sie sich schon aus. So rollen seit eini- ger Zeit sogenannte Medibusse durch die Republik – mobile Arztpraxen, die die medizinische Versorgung der Bevölkerung vor allem in ländlichen Gebieten sicher- stellen sollen. Der DB Medibus bietet auf einer Länge von 12,7 Metern ein Sprech- zimmer, einen Behandlungsraum, ein La- bor und einenWartebereich.Die Stromver- sorgung stellen Solarzellen und Hochleis- tungsakkus sicher. Mittels moderner IT kann das medizinische Personal per Video- konferenz fachärztlichen Rat hinzuzuzie- hen. Neben der „Landarzttätigkeit“ waren die Fahrzeuge der DB-Medibus-Flotte auch bereits für die Charité in Berlin und in der Corona-Feldforschung des Robert-Koch-In- stituts im Einsatz. Laut Angaben von DB » Ältere Kunden sind deutlich loyaler zur Hausbank. « Nourdine Abderrahmane, Lucht Probst Associates fondsprofessionell.de 3/2023 427 FOTO: © LUCHT PROBST ASSOCIATES

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