FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023
möchten und daher keine ESG-Vorlieben de nieren. „In erster Linie ist es immer noch der Renditeaspekt, der im Vorder- grund steht“, sagt Bauermeister. „Aber aus dem Gespräch über Nachhaltigkeit erfah- ren Berater oft etwas Neues darüber, was ihren Kunden wichtig ist“, erklärt sie. Da- raus könnten sich wiederum Anknüp- fungspunkte für das weitere Gespräch erge- ben. „Das ist ein positiver Nebene ekt“, n- der Bauermeister. Lob von der Bafin Die deutschen Finanzpro s machen ihre Sache o ensichtlich auch überwiegend gut. Das bescheinigt ihnen die Finanzaufsicht Ba n. Im Juli verö entlichte die Behörde die Ergebnisse einer Studie, für die sie zum zweiten Mal Testkäufer in Banken und andere Wertpapierinstitute geschickt hatte, um dort verdeckt die Qualität der Anlage- beratung zu prüfen. Die Aufsicht unter- suchte 16 Institute. Immerhin 87 Prozent der Tester wurden in den Beratungsgesprä- chen nach ihren Nachhaltigkeitspräferen- zen gefragt. Die überwiegende Zahl der ausgesprochenen Empfehlungen entsprach zudem den genannten Präferenzen. Es mit der Ermittlung der ESG-Vorlie- ben und der Empfehlung der passenden Fonds, Zerti kate oder Einzelwerte genau zu nehmen, ist für Berater auch wichtig. „Machen sie Fehler, können für ihre Insti- tute Haftungsrisiken entstehen“, sagt Jochen Eichhorn, Partner der Frankfurter Kanzlei Barckhaus Rechtsanwälte. „Wer die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage nicht oder nicht richtig vornimmt, verstößt gegen das Aufsichtsrecht“, erläutert der Ju- rist. „Macht ein Anleger nun Verluste mit einem Finanzprodukt, das nicht zu seinen ESG-Präferenzen passt, oder ist er danach gar nicht gefragt worden, ist es möglich, dass er vor Gericht zieht“, sagt Eichhorn. Das klingt zunächst nicht bedrohlich, schließlich sind Aufsichts- und Zivilrecht nicht miteinander verbunden. Daher kann aus einemVerstoß gegen das Aufsichtsrecht nicht ohne Weiteres ein Schadenersatz- anspruch entstehen. „Wenn die Rechtspre- chung aber zu der Au assung gelangt, dass das Thema Nachhaltigkeit für die Anlage- beratung von entscheidender Bedeutung ist, kann sich das ändern“, so Eichhorn. Er erinnert an das „Kickback-Urteil“ aus dem Jahr 2014 (Az.: XI ZR 147/12), bei dem die Trennung der beiden Rechtsgebiete durch- brochen wurde. Es geht noch komplizierter Doch als wenn die Erhebung der ESG- Präferenzen nicht schon komplex genug wäre, kommt bald noch ein weiterer Abfra- gepunkt hinzu. Im April 2023 hat die Eu- ropäische Wertpapier- und Marktaufsichts- behörde ESMA ihre „Guidelines“ zur Nachhaltigkeitspräferenzabfrage vorgelegt. Diese sehen vor, dass Berater ihre Kunden, die Finanzprodukte der ersten Zielmarkt- Kategorie wählen, auch fragen müssen,wel- che PAIs sie berücksichtigen möchten. Tiefergelegte Abfrage „Damit haben wir sozusagen eine tiefer- gelegte Abfrage zu bis zu 18 Principal Ad- verse Impacts“, sagt Deka-Mann Eich. Gut sei immerhin, dass Banken die PAIs selbst nach geeigneten Kategorien clustern dür- fen. Die vertiefte Abfrage wird bereits ab Dezember 2023 auch in Deutschland regu- latorische P icht. Dirk Jungheim ist Senior-Anlagemana- ger im Wealth Management einer Com- merzbank-Filiale in Frankfurt. Er berät eine vermögende Klientel, deren Depots oft mehrere Millionen Euro schwer sind. „Ge- rade in diesem Segment nden regelmäßig Beratungsgespräche statt“, sagt Jungheim. Ab dem 2. August 2022 galt es, jeden ein- zelnen Anleger danach zu fragen, ob er ESG-Präferenzen berücksichtigen möchte, und wenn ja, welche es denn sein sollen. Damit sich seine vermögenden Kunden schon vor dem Gespräch ein Bild davon Anja Bauermeister, Union Investment: „Wir hören nicht, dass die ESG-Präferenzabfrage Anleger dazu bringt, verstärkt nachhaltige Produkte zu wählen.“ Jochen Eichhorn, Barckhaus Rechtsanwälte: „Machen Berater bei der ESG-Präferenzabfrage Fehler, können für ihre Institute Haftungsrisiken entstehen.“ » Die komplexe Abfrage trägt nicht dazu bei, das Interesse am Thema ESG zu erhöhen. « Stefan Eich, Deka BANK & FONDS Nachhaltigkeitspräferenzabfrage 432 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © FRITZ PHILIPP | UNION INVESTMENT, BARCKHAUS RECHTSANWÄLTE
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