FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023
machen konnten, was es mit der neuen Abfrage auf sich hat, stellte Jungheim ih- nen vorab Informationsmaterial und Er- klärvideos zur Verfügung. „Ich habe zu Be- ginn des Gesprächs die unterschiedlichen ESG-Produktkategorien erläutert und in diesem Zusammenhang Fachbegri e wie Taxonomie oder die Auswirkungen der EU-O enlegungsverordnung erklärt“, be- richtet Jungheim. Doch nachdem den An- legern klar war, wie Investitionen in nach- haltige Finanzprodukte funktionieren sol- len, winkten viele ab. „Sehr oft hieß es dann, das Thema sei wichtig, man wolle es im Auge behalten, aber vorab keine expliziten ESG-Präferen- zen festlegen“, so der Berater. „Das bedeutet nicht, dass am Schluss der Beratung nicht doch ein grüneres Portfolio entsteht, als die anfängliche Zurückhaltung erwarten ließ“, sagt Jungheim. „Aber das Gros meiner Kunden möchte die Auswahl nicht im Vo- raus reglementieren“, erklärt er. Abnehmendes Interesse Ähnlich geht es so manchem Kunden der Commerzbank. „Natürlich sind für die meisten Privatanleger Themen wie der Kli- mawandel relevant, aber Begri e wie Of- fenlegungsverordnung oder PAIs sind sper- rig und holen sie nicht ab“, sagt Tom Hen- rik Anhäuser, Leiter Wertpapier-Regulatorik bei der Commerzbank. „Der Anteil der Kunden, die eine Präferenz für nachhaltige Produkte angeben möchten, ist seit dem Start der ESG-Präferenzabfrage von rund 30 Prozent auf etwa 25 Prozent gesunken“, berichtet Anhäuser. Das sei immer noch ein relativ hoher Prozentsatz, ndet er. Doch der gesunkene Präferenzwert zeigt, dass der Umfang der abzufragenden ESG- Standards und Kriterien, die der EU-Ge- setzgeber vorgegeben hat, für Privatkunden zu detailliert ist und sie eher abschreckt. „Wir Banken hatten dieses Problem über die Verbände genauso avisiert“, berichtet Anhäuser. „Aber das wurde nicht gehört.“ Und so ist es mit der einfachen Frage, ob es im Depot denn grün werden soll, längst nicht mehr getan. ANDREA MARTENS FP Tom Henrik Anhäuser, Commerzbank: „Begriffe wie Offenlegungsverordnung oder PAIs sind sperrig und holen die Anlagekunden nicht ab.“ Dirk Jungheim, Commerzbank: „Das Gros meiner Kunden möchte die Produktauswahl nicht im Voraus reglementieren.“ Rechtsgrundlagen: Pflichten für freie Finanzberater Vertraglich gebundene Vermittler: Ver- mittler, die unter einem Haftungsdach tätig sind, müssen bereits seit dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden ermit- teln. Der Grund dafür ist eine Anpassung der EU- Finanzmarktrichtlinie Mifid II. Die EU-Verordnung 2021/1253 ergänzt Artikel 54 der Delegierten Ver- ordnung 2017/565 um die Abfrage der Nachhal- tigkeitspräferenzen. Diese ist neben die zuvor schon geltenden Anforderungen für die Geeignet- heitserklärung getreten. Versicherungsvermittler: Auch Versiche- rungsvertreter und -makler mit Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO), die Ver- sicherungsanlageprodukte vertreiben, haben die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu erheben. Zu den Versicherungsanlageprodukten zählen nach der Definition der Finanzaufsicht Bafin klassische Kapitallebensversicherungen, Fondspolicen und Hybridprodukte sowie private Rentenversicherungen. Die rechtliche Grundlage für die verpflichtende ESG-Präferenzabfrage ist die Verordnung 2021/1257 vom 21. April 2021. Sie hat die Verordnung 2017/2359 zur Versicherungs- vertriebsrichtlinie IDD geändert. Finanzanlagenvermittler: Das Bundes- ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hatte im Sommer 2022 zunächst erklärt, die ergänzte Delegierte Verordnung 2017/565 solle auf Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO und Honorar-Finanzanlagen- berater mit Erlaubnis nach Paragraf 34h GewO keine Anwendung finden. Am 19. April 2023 wur- de jedoch die „Verordnung zur Änderung der Ge- werbeanzeigeverordnung und der Finanzanlagen- vermittlungsverordnung“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat einen Tag später in Kraft. Unter anderem wurde der starre Verweis auf die Delegierte Verordnung zur EU-Finanzmarktricht- linie Mifid II (DelVO2017/565) in einen dynami- schen Verweis auf die jeweils geltende Fassung geändert. Damit sind auch gewerbliche Fonds- makler dazu verpflichtet, ihre Anlagekunden danach zu fragen, welche ESG-Präferenzen sie berücksichtigen möchten. BANK & FONDS Nachhaltigkeitspräferenzabfrage 434 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © COMMERZBANK, KARSTEN METTERNICH | COMMERZBANK
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