FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

Der geplanten Einführung der quantitati- ven Preis-Leistungs-Benchmarks für Finanz- produkte stehen die Interessenvertreter äußerst skeptisch gegenüber. „Diese wür- den den individuellen Bedürfnissen der Kunden nicht gerecht und könnten zu Preisinterventionen auf den Kapitalmärk- ten führen“, heißt es beim AfW. Während die Finanzbranche seit dem 24. Mai mürrisch nach Brüssel schaut, können sich Versicherungsmakler, die auch Lebens- oder Fondspolicen vermitteln, entspannen. Denn entgegen anfänglicher Befürchtun- gen werden sie nicht mit einem Provisions- verbot belegt. Davon ist zumindest der Bundesverband Deutscher Versicherungs- kau eute (BVK) überzeugt. Die Frage der Unabhängigkeit Der Entwurf für die Kleinanlegerstrate- gie sieht auch Änderungen an der seit 2016 geltenden EU-Versicherungsvertriebsricht- linie IDD vor, unter anderem an Artikel 30. Hier ist im Entwurfstext zu lesen, dass ein Versicherungsvermittler, der Kunden darü- ber informiert, dass seine Beratung auf un- abhängiger Basis erfolgt, keine Gebühren oder Provisionen von Dritten annehmen oder einbehalten darf. Daher befürchtete die Branche, der Begri „Beratung auf unabhängiger Basis“ könnte alle Versiche- rungspro s erfassen, die nicht als Aus- schließlichkeitsvermittler tätig sind. Doch das hat die EU-Kommission dem BVK zufolge nicht im Sinn. „Wir hatten direkt nach Bekanntwerden des Entwurfs festgestellt, dass das von der EU-Kommis- sion aufgenommene Provisionsverbot nur bei unabhängiger Beratung gilt, also im weitesten Sinne für Versicherungsberater, die auf Honorarbasis arbeiten“, erklärt BVK- Präsident Michael H. Heinz. „Für Versi- cherungsmakler in Deutschland war dieses Courtageverbot nicht gedacht“, sagt er. Die Vorschläge von Finanzkommissarin McGuinness sind ein Richtlinienentwurf. Daher muss die Kommission im nächsten Schritt mit dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten darüber beraten, bevor der Entwurf schließlich verabschiedet werden kann. Dass es im Gesetzgebungsprozess noch zu Änderungen kommt, ist nicht aus- geschlossen. Das gilt umso mehr, als sich der Ausschuss für Wirtschaft und Wäh- rung (Econ-Ausschuss) des Europäischen Parlaments bereits kritisch mit dem Regel- paket auseinandergesetzt hat, wie aus Brüs- sel zu vernehmen ist. Zu vergessen ist zudem nicht: Auch wenn die Kleinanlegerstrategie kein voll- ständiges Provisionsverbot einführt, so hat Kommissarin McGuinness doch bereits klargemacht, dass die Rechtsvorschriften drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten über- prüft werden sollen. Und dann wird sie eventuell erneut diskutiert – die Frage nach einem möglichen generellen Provisions- verbot. ANDREA MARTENS FP » Letztendlich folgt die Kommissarin einer Ideologie statt einem faktenbasierten Politikansatz. « Martin Klein, Votum Kleinanlegerstrategie in Kürze: Die Kernpunkte des Entwurfs Provisionen in der Anlage- beratung: Für eine nicht unabhän- gige Anlageberatung sollen nach demVorschlag der EU-Kommission Provisionszahlungen weiterhin erlaubt sein – unter strengeren Voraussetzungen als bisher. Provisionen in der Anlage- vermittlung: Für die reine Anlage- vermittlung und Orderausführung ist ein Provisionsverbot vorgesehen. Es soll auch für nicht monetäre sowie geldwerte Vorteile gelten. Damit wären auch Essenseinladun- gen, Veranstaltungen, Events und Incentives erfasst. Provisionen in der Vermö- gensverwaltung: Für die Vermö- gensverwaltung sieht die EU-Kom- mission ein vollständiges Verbot der Annahme oder Zahlung von Provi- sionen vor. Das gilt auch für Sach- leistungen und geldwerte Vorteile. Das bedeutet eine deutliche Ver- schärfung. Denn derzeit ist lediglich festgelegt, dass bei einer Finanz- portfolioverwaltung Provisionen dem Kunden unverzüglich gutzu- schreiben sind. Es besteht jedoch kein Verbot für die Zahlung von Zuwendungen. Kosten und Product Gover- nance: Die Vorgaben zur Product Governance sollen um einen Preis- bildungsprozess ergänzt werden. Dabei sollen die Emittenten vor der Einführung eines Anlageprodukts für Privatkunden alle Kosten und Gebühren quantifizieren. Zudem sollen sie bewerten, ob diese unter Berücksichtigung der Merkmale, Ziele und Strategie des Wertpapiers sowie seiner Wertentwicklung ge- rechtfertigt und auch verhältnis- mäßig sind. Informationspflichten: Die Informationspflichten gegenüber den Kunden sollen verschärft wer- den. Dies gilt insbesondere für die elektronische Bereitstellung von Informationen auf einer Homepage und für Kosteninformationen. Die in Paris ansässige Europäische Wert- papier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA soll dazu noch Leitlinien entwickeln. STEUER & RECHT Kleinanlegerstrategie 442 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © DIERK KRUSE | VOTUM VERBAND

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