FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023
Offene Architektur Der europäische Gesetzgeber will mit der Open-Finance-Initiative für mehr Transparenz und Wettbewerb in der Finanzbranche sorgen. Für freie Vermittler und Berater bietet das Projekt Chancen. E s war in Hamburg imHerbst 2016, als in einem Co-Working-Space mitten im Autonomenviertel der Stadt junge Pro- grammierer aus dem In- und Ausland zu einem großen Hackathon antraten. Ihr Ziel: in 30 Stunden eine funktionstüchtige Banking-App zu entwickeln. Nicht irgend- eine Anwendung sollte es sein, sondern eine, die sich die neuen Möglichkeiten der 2015 verabschiedeten EU-Richtlinie „Payment Services Directive 2“ (PSD 2) zu- nutze macht. 30 Stunden später waren spannende Apps entstanden. Inzwischen ist die PSD-2-Richtlinie längst in Kraft (siehe Kasten Seite 448). Doch nun zündet der europäische Gesetz- geber die nächste Stufe: Im Juni hat die EU-Kommission erste Vorschläge für ihr Großprojekt „Open Finance“ präsentiert. Ein wichtiger Teil davon ist eine Verord- nung, die künftig den Zugang zu Finanz- daten regeln soll. Das Regelwerk mit Namen „Framework for Financial Data Access Regulation“, kurz „FIDA“, geht über die Vorgaben der PSD 2 weit hinaus. Sollte es wie geplant umge- setzt werden, müssen Banken anderen Finanzdienstleistern nicht mehr nur den Zugang zu den Onlinekonten und Zah- lungsverkehrsdaten ihrer Kunden gewäh- ren, Drittanbieter sollen dann auch alle Wertpapierdepots, Tages- und Festgeldkon- ten und Kredite – sprich: sämtliche Finanz- daten – einsehen dürfen. Nicht nur Banken Auch andere Unternehmen der Finanz- und Versicherungsbranche haben Dritten die Einsicht in Kundendaten zu gewähren. Natürlich nur, sofern die Verbraucher aus- drücklich zustimmen. Für Banken, Versi- cherer, Fondsplattformen und Maklerpools bedeutet FIDA viel Arbeit. Denn für den Zugang zu den umfassenden Daten ihrer Kunden müssen erst einmal entsprechende Schnittstellen, sogenannte APIs, program- miert werden. Für freie Versicherungsver- mittler und Finanzberater können sich aus den geplanten Vorgaben aber ganz neue Vertriebschancen ergeben – sofern sie sich rechtzeitig in Position bringen. Wie FIDA grundsätzlich funktionieren soll, zeigt ein einfaches Beispiel: Angenom- men, ein Anleger hat ein Fondsdepot bei seiner Hausbank. Kauft er nun Anteile an einemweiteren Sondervermögen bei einem anderen Institut, so könnte ihn der Berater fragen, ob er sich nicht einmal anschauen soll, wie er insgesamt nanziell aufgestellt ist.Willigt der Kunde ein, erhält der Berater Zugri auf all seine Finanzdaten, die bei der ersten Bank online hinterlegt sind. So sieht er etwa auch, was der Anleger ver- dient oder wie viel er monatlich für die Miete ausgibt. Was der Bankberater nicht sieht, sind Wertpapierdepots, die der Kunde vielleicht bei einem dritten Institut erö net hat, oder Versicherungsprodukte, die etwa bei einem freien Vermittler abgeschlossen wurden. Doch die FIDA-Pläne der EU gehen noch viel weiter. Angedacht sind Kundencockpit- Apps, die wohl hauptsächlich Finanzinsti- tute für ihre Kunden bereitstellen werden. „Willigt der Kunde ein, dass auch die Fi- nanzdaten anderer Institute dort eingespielt werden können, erhält er fortan einen kompletten und aktuellen Überblick über Viel Glas und bodentiefe Fenster bieten Offenheit: Die Open-Finance- Initiative der Europäischen Kommis- sion soll die Strukturen in der Finanz- und Versicherungswelt öffnen und Beratern mehr Einblick verschaffen. STEUER & RECHT Open Finance 446 fondsprofessionell.de 3/2023 FOTO: © DENIZJOSUE | STOCK.ADOBE.COM | GENERIERT MIT KI
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