FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023
Kaldemorgen: Als Lenker eines risikokon- trollierten Mischfonds müssen wir uns doch immer wieder aufs Neue die Frage stellen, wie viel zusätzliches Ertragspoten- zial uns ein Aktieninvestment im Verhält- nis zu dem höheren Risiko einbringt, das wir damit eingehen müssen. Und wenn dieses Aufwärtspotenzial aus unserer Sicht begrenzt ist, ist es durchaus sinnvoll, das Aktienrisiko taktisch zu reduzieren zuguns- ten einer Höhergewichtung von kurz- laufenden Anleihen oder sogar einer höhe- ren Cash-Position. In einem veränderten Marktumfeld können wir schnell und exibel reagieren. Detlef Glow: Eine Kursrallye an den Bond- märkten scheinen Sie aber nicht zu er- warten. Sonst würden Sie doch statt Kurz- läufern eher in langlaufende Anleihen investieren, oder? Kaldemorgen: Wir gehen davon aus, dass die Zinsen noch für längere Zeit auf einem hohen Niveau bleiben werden. Denn auch wenn sich zuletzt die Befürchtungen im Zusammenhang mit der In ationsentwick- lung etwas gelegt haben, weil die Teue- rungsraten – wenn auch lediglich aus zykli- schen Gründen – etwas zurückgekommen sind: Am Ende wollen die Akteure in Fed und EZB zunächst einmal sehen, ob ihre Zinsschritte zur Geldmengenverknappung tatsächlich und nachhaltig die erwünschte Wirkung erzielen. Schmidt: Deshalb spielt es gar keine so gro- ße Rolle, ob die Notenbanken mit den Zinsen nun noch einen oder zwei Schritte nach oben gehen. Viel bedeutender wird sein, wann der Zeitpunkt kommt, an dem sie auf einen Pfad der Zinssenkungen umschwenken. Erst dann wird es sinnvoll sein, in Erwartung auf damit verbundene Kursgewinne auf Anleihen mit längeren Laufzeiten zu setzen. Glow: Diesen Zeitpunkt sehen Sie also noch nicht gekommen? Kaldemorgen: Viele Marktteilnehmer sind unserer Au assung nach viel zu optimis- tisch. Dazu müsste es zunächst einmal zu einer Abschwächung am Arbeitsmarkt kommen, von dem nach den jüngsten Zahlen noch keine Rede sein kann. Mit Zinssenkungen wird nach unserer Erwar- tung nicht vor dem Sommer des kom- menden Jahres zu rechnen sein, sowohl in den USA als auch seitens der Europäischen Zentralbank. Heuser: Und die Inflation? Schmidt: Wir gehen davon aus, dass die Teuerungsraten noch für längere Zeit auf einem höheren Niveau bleiben werden, vor allem aus strukturellen Gründen. Vom Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanken wer- den wir noch eine geraume Weile entfernt bleiben. Wir gehen eher von In ations- zahlen zwischen drei und vier Prozent aus. Heuser: Dann hat Aktivität in jüngerer Zeit im Management des Fonds doch eine bedeutende Rolle gespielt? Inwiefern lässt eine solche Phase die Turnover-Rate nach oben schnellen? Kaldemorgen: Aktivität ist in diesemZusam- menhang eher der falsche Begri , schon gar nicht um ihrer selbst willen. Ich würde eher von Flexibilität sprechen, die uns tat- sächlich sehr wichtig ist, um stets auch auf eventuell plötzlich auftretende Veränderun- gen an den Märkten reagieren zu können. Das ist aber in unserem Fall nicht gleich- bedeutend mit einem hohen Umschlag des Portfolios. Wenn wir solche taktischen Anpassungen im Fonds vornehmen, dann machen wir das nicht, indemwir eine Viel- zahl von Einzelpositionen hoch oder run- ter skalieren, wir setzen vielmehr Derivate ein, um entsprechende Marktrisiken kos- tene zient zu steuern. Schmidt: Das zugrunde liegende Portfolio aus Aktien und Anleihen ist über die Zeit » Von einer Abschwächung am Arbeitsmarkt kann nach den jüngsten Zahlen noch keine Rede sein. « Klaus Kaldemorgen, DWS Klaus Kaldemorgen, DWS MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Klaus Kaldemorgen + Christoph Schmidt | DWS 84 fondsprofessionell.de 3/2023 KREUZ VERHÖR FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH
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