FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2023

überaus stabil, rund die Hälfte unserer Top- Ten-Aktienpositionen halten wir schon über viele Jahre. Umfangreichere Alloka- tionsanpassungen, wie wir sie jüngst vorge- nommen haben, führen aber nicht zwin- gend zu einem Hochschnellen der Turn- over-Rate. Sie liegt aktuell bei etwa 30 Pro- zent. Das entspricht nicht dem, was man unter einem sehr hohen Turnover verste- hen würde. In der Vergangenheit lag dieser Wert auch schon deutlich höher, beispiels- weise imCorona-Jahr 2020 mit 48 Prozent. Glow: Was wäre für Sie ein Triggerpunkt, an dem Sie das Aktienexposure noch weiter senken würden? Kaldemorgen: Ein noch stärkerer Anstieg der langfristigen US-Zinsen wäre sicher ein solcher Triggerpunkt.Wenn die Zinsen für amerikanische zehnjährige Staatsanleihen über fünf Prozent steigen, würde bei uns die Ampel auf Gelb, wenn nicht sogar auf Rot springen, und wir würden in der Folge unsere Gewichtung in Aktien deutlich re- duzieren.Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass ein US-Zinsniveau von fünf Prozent am langen Ende gerade auch viele pro- fessionelle Investoren zum Handeln ver- anlassen würde, sprich zum Abbau ihrer Aktienbestände. Glow: Aber würden Sie sich den höheren Zins nicht zu teuer einkaufen in einer Phase, in der eine inverse Zinskurve Ihnen einen höheren und sogar risikoärmeren Ertrag mit kurzen Laufzeiten bietet? Kaldemorgen: Natürlich müsste man eine solche Entscheidung gründlich abwägen. Aber wenn ich mir fünf Prozent Zinsen über einen Zeitraum von zehn Jahren sichern kann, kann ich mich durchaus mit längerlaufenden Anleihen anfreunden. Am Aktienmarkt erwartet man auf Sicht von zehn bis 20 Jahren durchschnittliche Ren- diten zwischen sechs und acht Prozent. Wenn ich die Chance habe, mir einen langfristigen Ertrag mit zehnjährigen An- leihen zu sichern, der risikoadjustiert einer achtprozentigen Rendite am Aktienmarkt entspricht, sind Anleihen wieder konkur- renzfähig. Heuser: Apropos Chance: Haben Sie bei Ölwerten nicht etwas verpasst? Wenn ich es richtig sehe, war der Fonds in dieser Branche nicht investiert, als dort enorme Kursgewinne möglich waren. Kaldemorgen: Zweifellos hatte die Ölbran- che mit einem Plus von im Schnitt mehr als 40 Prozent im vergangenen Jahr einen extrem guten Lauf.Genauso gut kann man aber auch sagen, dass der schon wieder vorbei ist, denn im laufenden Jahr hinkt er dem breiten Aktienmarkt um neun Pro- zent hinterher. Der eigentliche Grund, wes- halb wir nicht investiert waren, ist aber der Risiko-Ertrags-Gesichtspunkt.Gemessen an der Volatilität ist der Energiesektor der ris- kanteste Sektor. Und auf längere Sicht über zehn Jahre steht dem ein durchschnittli- cher Wertzuwachs gegenüber, der im Ver- gleich zum MSCI Welt Index bei gerade einmal der Hälfte liegt. Daher fühle ich mich mit Technologiewerten sehr viel wohler als mit der Energiebranche. Und freue mich am Ende auch noch über einen unterdurchschnittlichen CO 2 -Aus- stoß im Fonds. Glow: An Investments in Gold halten Sie aber trotz der Seitwärtsbewegung in der jüngeren Zeit nach wie vor fest. Schmidt: Beim Thema Gold ist grundsätz- lich wichtig, aus welcher Perspektive man es betrachtet. Als Euro-Investor sehen wir es als Alternativwährung, was sich gerade im vergangenen Jahr durchaus ausgezahlt hat. Grundsätzlich betrachten wir es als Absicherung – nicht nur gegen zunehmen- de geopolitische Risiken, sondern vor allem gegen langfristige In ationsrisiken. Eine Debatte über die In ationsziele der Noten- » Beim Thema Gold ist grundsätzlich wichtig, aus welcher Perspektive man es betrachtet. « Christoph Schmidt, DWS Christoph Schmidt, DWS MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Klaus Kaldemorgen + Christoph Schmidt | DWS 86 fondsprofessionell.de 3/2023 KREUZ VERHÖR FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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