FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Die Ertragsperspektiven gemischter Portfolios sind so gut wie seit Langem nicht, sagt John Bilton. Im Interview erklärt der Asset- Allokation-Chef von J.P. Morgan Asset Management, wo er in den kommenden Jahren besonders gute Chancen sieht. A n der Börse ist die gute Stimmung der Jahresmitte ver ogen und die Aktienkurse sind von ihren Höchstständen teilweise deutlich abgerutscht. Der andau- ernde Ukrainekrieg, die Eskalation in Nah- ost und Unsicherheiten über die Konjunk- tur belasten die Finanzmärkte. John Bilton hält es für umso wichtiger, die langfristigen Aussichten nicht aus dem Blick zu verlie- ren. Und die sind seiner Meinung nach so gut wie seit vielen Jahren nicht. Mit FONDS professionell spricht der Leiter für globale Asset Allocation bei J.P. Morgan Asset Management über seine langfristigen Renditeprognosen und die richtige Portfo- lioaufstellung für eine Welt im Umbruch. Herr Bilton, die politischen und wirtschaft- lichen Nachrichten sind gelinde gesagt nicht gut. Wieso bleiben Sie dennoch opti- mistisch? John Bilton: Gerade die politischen Nach- richten sind zum Teil erschreckend, das möchte ich nicht schönreden. Auch die Märkte werden vorerst volatil bleiben. Investoren sollten aber eine langfristige Perspektive einnehmen, und da sind die Aussichten ganz anders. Wichtige techno- logische Entwicklungen – etwa bei künst- licher Intelligenz und der Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaneutra- lität – werden über die kommenden Jahre die Wirtschaft verändern und das nomina- le Wachstum erhöhen. Davon pro tieren auch Anleger. Gerade die Klimatransformation ist erst einmal sehr teuer … Ja, aber die massiven Investitionen in die Transformation tragen zu mehr Wachstum bei. Sie markieren auch die Rückkehr des Staates.Nach der globalen Finanzkrise Ende der Nullerjahre haben die Regierungen weltweit ihre Ausgaben zusammengestri- chen. Jetzt sind sie mit enormen Investiti- onsprogrammen wie demUS In ation Re- duction Act in den USA und dem EU-Wie- deraufbaufonds zurück. Und das ist gut so. Sie als Investor begrüßen dieWiedergeburt der Industriepolitik? Auch die Abwesenheit des Staates hatte ne- gative Konsequenzen: etwa die zunehmen- de soziale Ungleichheit und die wachsende Umweltproblematik. Gerade die Umwelt- probleme erfordern eine stärkere Partner- schaft von Staat und Wirtschaft. Der Privat- sektor kann das ohne staatliche Führung nicht stemmen, und der Staat braucht pri- vates Kapital und Expertise für die Transfor- mation.Natürlich gibt es Risiken, vor allem in der Umsetzung. Außerdem treibt die Transformation Kapitalkosten und In a- tion nach oben. Aber sie wird langfristig positive Effekte auf Produktivität und Wirt- schaftswachstum haben.Die aktivere Fiskal- politik entlastet zudem die Notenbanken. Wie meinen Sie das? Weil die Staaten nach der globalen Finanz- krise überfordert waren,mussten die Noten- banken fast im Alleingang die Wirtschaft retten. Jetzt übernehmen die Regierungen wieder ihren Teil. Nach der Normalisie- rung der Zinsen bauen die Notenbanken auch ihre Anleihenbestände nach und nach ab.Die unkonventionelle Geldpolitik, „Die besten Rendite aus- sichten seit zehn Jahren“ » Die Abwesenheit des Staates hatte negative Konsequenzen. « John Bilton, J.P. Morgan AM MARKT & STRATEGIE John Bilton | J.P. Morgan Asset Management 116 fondsprofessionell.de 4/2023

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