FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Städte, bei denen ihr Metropolencharakter voll zur Geltung kam“, sagt Grade. Sie sind für Studenten und Berufseinsteiger glei- chermaßen interessant wie für Zuwanderer aus der EU und außerhalb Europas. „Durch die Tech- und Start-up-Szene, die sich dort entwickelt hat, sind zahlreiche auch gut verdienende Arbeitnehmer nach Berlin gekommen“, sagt Helge Zahrnt, Re- search-Leiter beim Immobiliendienstleister Cushman &Wake eld. „Frankfurt ist ein spezieller Fall, was die Kaufpreise betri t“, ergänzt Grade. „Der massive Einbruch, den wir in diesem Jahr sehen, ist auch dem geschuldet, dass im Jahr zuvor einige sehr teure Neubauobjekte angeboten wurden. Da waren Objekte dabei, die 10.000 oder 12.000 Euro je Qua- dratmeter gekostet haben.“ Die Mainmetropole bleibt aber als euro- päischer Finanz- und Industriestandort im Zentrum der wohnwirtschaftlichen Auf- merksamkeit: „Frankfurt hat als starker Beschäftigungsmagnet seit zehn Jahren hohe Zuwanderungsraten. Das hat bis 2015 stark zugenommen und bleibt seit- dem auf hohem Niveau“, betont Grade. „Bevölkerungszuwachs, Mietpreisentwick- lung und Leerstand – diese drei Indikato- ren sind stark miteinander korreliert, die Kaufpreise aber nur zum Teil.“ Diese Ein- schränkung vorzunehmen, ist wichtig, weil es auch Städte gibt, in denen die Kaufpreise ähnlich stark anzogen, die Bevölkerung aber vergleichsweise wenig zugenommen hat – in unserer Beispielauswahl etwa Ko- blenz und Rostock. „Aber für Metropolen ist eine hohe Korrelation zwischen diesen Indikatoren kennzeichnend.“ Universitätsstädte Münster ist eine typische Studentenstadt. Die Universität ist die fünftgrößte Deutsch- lands, etwa jeder sechste Bewohner der Stadt ist Student. „Münster ist einerseits relativ groß, hat aber andererseits bei der Bevölkerung, die älter als 25 Jahre alt ist, eine vergleichsweise starke Abwanderung – und zwar nicht ins Umland“, beschreibt Grade eine Besonderheit der NRW-Groß- stadt. „Es gibt Bildungswanderung in die Universitätsstädte, und es gibt Arbeitswan- derung in die wirtschaftlich starken Metro- polen“, beschreibt Zahrnt diesen Umstand. In Freiburg kommt beides zusammen. Es gilt als Studentenstadt, ist nicht viel klei- ner als Münster, hat aber nur halb so viele Studenten. „Schaut man sich in Freiburg die Kaufpreise und die Zuwanderung an, muss man im Vergleich zu Münster sagen, dass Freiburg eigentlich keine typische Universitätsstadt ist“,meint Grade. Generell sei der Arbeitsmarkt im südlichen Baden- Württemberg attraktiver, also wollten viele Akademiker nach ihrem Studium dorthin. „In Münster im nördlichen NRW ist das nicht so, da ist der Arbeitsmarkt, der die Absolventen aufnehmen könnte, recht ein- geschränkt“, diagnostiziert Grade. Beamtenstadt Koblenz Koblenz hat auch eine Universität,wohn- wirtschaftliche Attraktivität kommt der Stadt aber eher als wichtiger Bundeswehrstand- ort und Oberzentrum für den Norden von Rheinland-Pfalz zu. „In den Flächenbun- desländern ist es in der Regel so, dass ohne Metropole im direkten Umfeld solche Städte wie Koblenz zu wichtigen Entwick- lungsankern werden“, erläutert Grade. Gleichwohl stehen sie nicht imZentrum der Aufmerksamkeit, wenn nicht Logistik, Industrie oder Dienstleister eine besondere Magnetfunktion ausüben. Relativ gesehen hat sich das Preisniveau für Wohnungen in Koblenz ähnlich steil entwickelt wie in Frankfurt und Berlin. ImGegensatz zu den anderen fünf Städten weist Koblenz aber eine über dem Bundesdurchschnitt liegen- de Kaufkraft auf. Das kann mit einer über- durchschnittlich hohen Beamtendichte zu tun haben. Koblenz war nicht nur lange Europas größte Garnisonsstadt, dort haben auch zahlreiche Bundes- und Landesbe- hörden ihren Sitz. Florian Bauer, Bauer Immobilien: „Man muss zwischen selbst genutztemWohneigentum und vermieteten Immobilien unterscheiden.“ Jan Grade, Empirica Regio: „In Frankfurt waren Objekte dabei, die 10.000 oder 12.000 Euro je Quadratmeter gekostet haben.“ » Der Wohnungsbau droht ins Bodenlose abzustürzen. « Andreas Mattner, ZIA SACHWERTE Wohnimmobilien 240 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © BAUER IMMOBILIEN, EMPIRICA

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