FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat gemeinsammit Finanzminister Christian Lindner die Initiative „Finanzielle Bildung“ ins Leben gerufen. Im Interview erklärt sie, wie sie vorgehen möchte – und was sie sich davon verspricht. B ettina Stark-Watzinger ist Bundes- ministerin für Bildung und For- schung und seit April 2023 stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP. Die studierte Volkswirtin und ehemalige Bankerin n- det, das Finanzwissen der Bundesbürger müsse sich unbedingt verbessern. Gemein- sammit Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat sie daher die Initiative „Finan- zielle Bildung“ an den Start gebracht. Über Pläne und Inhalte sprach Stark-Watzinger mit FONDS professionell. Frau Stark-Watzinger, es gibt immer wieder Studien, die zum Ergebnis kommen, dass esmit der finanziellen Bildung der Bundes- bürger nicht allzu weit her ist. Was genau verstehen Sie unter dem Begriff Finanz- bildung? Bettina Stark-Watzinger: Zur Finanzbildung gehört zum einen die persönliche Ebene. Dabei geht es darum, bewusst vernünftige Entscheidungen hinsichtlich der eigenen Finanzen treffen zu können, sei es nun der Abschluss eines Handyvertrags oder die Altersvorsorge. Zum anderen kommt es darauf an, wirtschaftliche und nanzielle Zusammenhänge zu verstehen, etwa wie In ation entsteht. Gerade hinsichtlich dieser breiteren Ebene zeigen Untersuchungen zuweilen erhebli- che Lücken. Eine Studie der OECD aus dem Jahr 2020 hat zum Beispiel ergeben, dass knapp die Hälfte der erwachsenen Deut- schen den Zinseszinseffekt nicht versteht. Finden Sie das erschreckend? Ich nde diese Zahl dramatisch – und zwar aus zwei Gründen. Erstens verändert sich unsere Gesellschaft, sie wird älter. Da- her muss man verstehen, wie man zusätz- lich zur gesetzlichen Rente vorsorgen kann. Zweitens verfügen die Bürgerinnen und Bürger im internationalen Vergleich über relativ wenig Privatvermögen. Umso wich- tiger ist es zu wissen, wie Vermögensaufbau funktioniert, wie man auch mit kleinen Beträgen große Ersparnisse erzielen kann, wenn man früh genug anfängt.Da kommt der Zinseszins ins Spiel. Es ist schlimm, wenn Chancen verloren gehen, weil Wis- sen fehlt. Finanzielle Bildung gehört des- halb zur Allgemeinbildung. Drei Viertel der Jugendlichen sagen heute, dass Wirt- schaft einen höheren Stellenwert in der Schule bekommen sollte. 80 Prozent der Eltern wünschen sich hierzulande mehr Finanzbildung. Wir dürfen nicht länger abwarten und zusehen. Aus diesem Grund entwickelt Ihr Ministe- rium gemeinsam mit dem Bundesminis- terium der Finanzen derzeit die Initiative „Finanzielle Bildung“. Die Eckpunkte haben Sie und Finanzminister Christian Lindner bereits vorgestellt. Können Sie bitte kurz die zentralen Maßnahmen dieser Initiative erläutern? Erstens erarbeiten wir zusammen mit der OECD eine nationale Finanzbildungsstra- tegie. Die OECD ist ein erfahrener Partner, sie hat solche Strategien bereits gemeinsam mit anderen Ländern entwickelt. Die Fi- nanzbildungsstrategie soll die in Deutsch- land bestehenden Herausforderungen auf- „Wir wollen Finanzwissen in die Wohnzimmer bringen“ » Wäre ich Kultusminis- terin, würde ich das Thema Finanzen zum Schulfach machen. « Bettina Stark-Watzinger, Bundesbildungsministerin VERTRIEB & PRAXIS | SPEZIAL FINANZBILDUNG Bettina Stark-Watzinger | Bundesbildungsministerin 324 fondsprofessionell.de 4/2023

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