FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

In die Schule gehen In den Lehrplänen vieler deutscher Schulen spielt das Thema Geld kaum eine Rolle. Das wäre aber wichtig, finden manche Finanz- berater. Daher ergreifen sie die Initiative und bieten Unterricht an. F elix ist 16 Jahre alt und für einen fünf- monatigen Auslandsaufenthalt gerade in Brisbane. An seiner australischen Schule besucht er einen „Finance“-Kurs. „Ich habe mir über Geld nie große Gedanken ge- macht“, sagt Felix. „Aber es ist spannend, was wir hier lernen“, ndet er. So einen Kurs würde Felix auch gern an seinem Gymnasium in Deutschland belegen. „Aber das gibt es bei uns nicht“, erklärt er. An über 60 anderen Schulen hingegen bekommen junge Leute ab der neunten Klasse die Möglichkeit, etwas über Finan- zen, Geldanlage und Altersvorsorge zu ler- nen.Denn hier sind die „Geldlehrer“unter- wegs. Unter ihnen sind viele Finanzberater und Versicherungsvermittler, die ehrenamt- lich Finanzunterricht geben. Zuvor haben sie eine Ausbildung beim Verein Geld- lehrer e.V. in Bad Abbach durchlaufen. An- dere Finanzpro s nehmen die Sache kom- plett selbst in die Hand, erarbeiten Vorträge oder gar Lehrkonzepte, um Schülern zu nanzieller Bildung zu verhelfen. Anette Weiß, Honorar-Finanzanlagenbe- raterin, Versicherungsberaterin und Finanz- coach aus Saarbrücken, war zehn Jahre lang als „Geldlehrerin“ an Schulen tätig. Inzwischen ist sie Vorständin des 2010 gegründeten Vereins. „Wir haben aktuell 150 Geldlehrer, die regelmäßig an ö entlichen Schulen unter- richten“, erzählt Weiß. 22 Schulstunden um- fasst der Lehrplan, auf dem wichtige nan- zielle Grundlagen und praktische Finanz- mathematik stehen. In einer dreitägigen Ausbildung erlernen die Finanzpro s den Sto erst einmal selbst.Nach einer Prüfung können sie frei eine Schule wählen. Verträge selbst durchrechnen „Der Lehrplan sieht Themen wie In a- tion, die gesetzliche Rente und den Um- gang mit unserem Geldrechner vor“, sagt Weiß. Dieser ist mit nanzmathematischen Funktionen hinterlegt, sodass die Schüler damit selbst Sparpläne, Versicherungspoli- cen, Kredite, Kostenquoten und vieles mehr durchrechnen können. „Bei den jungen Leuten kommt es unheimlich gut an,wenn sie sehen, was sie etwa ein Fondssparplan tatsächlich kosten würde“, berichtet Weiß. Dass die Geldlehrer den Unterricht nicht nutzen, um den Schülern durch die Hin- tertür Produkte anzudrehen, gehört zum Ehrenkodex. „Ich habe auch keinen Kun- den aus der Zeit, als ich an den Schulen war“, sagt Weiß. Nicht darauf eingelassen Aber es sei eine Freude, wenn Ehemalige sich bei ihr melden. „Es ist super,wenn mir jemand erzählt, dass er bei einem Berater war und dann den angebotenen Sparplan durchgerechnet hat“, sagt sie. Dann heißt es manchmal: „Nee, Frau Weiß, der war viel zu teuer, auf das Angebot habe ich mich nicht eingelassen.“ – „Wenn das passiert, habe ich einen perfekten Tag“, lacht die Geldlehrer-Vorständin. Thomas Wüst, geschäftsführender Gesell- schafter der Valorvest Vermögensverwal- tung aus Stuttgart, erinnert sich ebenfalls gern an seine Kurse, die er an Gymnasien zum Thema Finanzen gegeben hat. „2015 kam der Verband unabhängiger Vermö- gensverwalter auf die Mitglieder mit der Frage zu, ob wir nicht Lust hätten, ehren- Aufgabe verstanden, Lösung ausge- rechnet: In der Schule lernen Kinder und Jugendliche zwar Mathe und Sozialkunde, aber wenig über Geld und Finanzen. Berater können versuchen, die Lücke zu füllen. Berater 340 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © CONTRASTWERKSTATT | STOCK.ADOBE.COM VERTRIEB & PRAXIS | SPEZIAL FINANZBILDUNG

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=