FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Dafür gaben Sie aber das Joint Venture CPIC Fund Management mit China Pacific Insurance auf. Die Allianz verkaufte die Anteile an Guotai Junan Securities. Warum wollen Sie das nun allein stemmen? Der chinesische Markt ist groß, und wir wollen uns hier mit der Produktion und dem Vertrieb differenzieren. Wir glauben, dass wir mit unserem globalen Ansatz Kunden in China deutlich besser bedienen können als im Rahmen eines Joint Ven- tures, das den Ansatz unseres Hauses mög- licherweise verwässern würde. Vielmehr möchten wir dasselbe anbieten wie in Deutschland, Frankreich oder Italien. Uns fehlt es nicht an der Kapazität, Produkte anzubieten. Zudem sind wir ein großer ausländischer Player amMarkt für chinesi- sche A-Aktien. Und die Allianz ist seit über 20 Jahren in China aktiv. Ein Vertriebsnetz auf dem chinesischen Festland gilt aber als sehr wichtig. Dazu brauchen Sie aber nicht notgedrun- gen ein Joint Venture. Ich komme aus dem Schwarzwald, und mein Vater hat immer gesagt: Wenn du einen Liter Milch brauchst, dann gehst du in den Super- markt und kaufst keine Kuh.Wir knüpfen in China sicherlich Vertriebspartnerschaf- ten – ähnlich wie in Deutschland mit der Commerzbank oder der DVAG und in Frankreich mit BNP Paribas. Was aber die Arten der offenen Vertriebsarchitektur betrifft, da sind wir komplett offen. Welche weiteren Elemente umfasst Ihre Strategie? Ein weiterer Baustein ist das Advisory. Das kommt zwar eher von der institutionellen Seite, ist aber auch für Privatkunden rele- vant. Wir wollen unsere Kompetenzen daher auch unseren Retail-Partnern zur Verfügung stellen. Dabei geht es um das Asset-Liability-Matching. Dahinter steht die Frage, welche Ziele ein Anleger verfolgt und wie sie am besten erreicht werden können. Bei Versicherungen und Pensions- kassen sind das eben die Zahlungsver- p ichtungen, bei Privatanlegern die Rente oder ein Hauskauf. Lösungen hierzu ent- wickelt unsere Advisory-Einheit Risklab. Andere Asset Manager entwickeln IT-Sys- teme wie Risikoprogramme oder Handels- systeme. Ist das auch Ihr Ziel? Wir halten es da nach dem Motto: Schus- ter, bleib bei deinem Leisten! Manche Häu- ser werden eher zum Anbieter von Dienst- leistungen für Asset Manager. Andere, wie wir, haben sich dem aktiven Asset Manage- ment verschrieben. Standardsoftware kau- fen wir von externen Dienstleistern ein, etwa damit sich unsere Portfoliomanager nicht mit Fragen der Handelsabwicklung oder Ähnlichem herumschlagen müssen. Das können andere gern für uns ent- wickeln. Was wir dagegen selbst anstoßen, sind Daten-, Research- und Analysewerk- zeuge, die es so nicht am Markt gibt. Die können wir unseren Portfoliomanagern an die Hand geben, damit sie besser zusam- menarbeiten und bessere Entscheidungen treffen können. Schauen Sie sich auch künstliche Intelli- genz wie ChatGPT an? Sicher wird der Trend zu künstlicher Intel- ligenz und Informationsverarbeitung hel- fen. Aber wir vertrauen auf ein hybrides Modell. Wir arbeiten durchaus schon länger sehr erfolgreich mit Algorithmen und setzen KI ein. Aber die Portfolioma- nager überprüfen deren Ergebnisse immer. Der Maschine allein zu vertrauen, das wäre noch zu früh. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER FP KURZ-VITA: Tobias Pross Nach dem Studium an den Universitäten in Lörrach, Freiburg im Breisgau sowie im kalifornischen Berkeley begann Tobias Pross 1999 seine Karriere im Allianz-Konzern. 2020 rückte er an die Spitze von Allianz GI. Von 2016 bis 2020 war Pross zudem Präsident des deutschen Fondsverbands BVI. » Der Maschine allein zu vertrauen, das wäre noch zu früh. « Tobias Pross, Allianz Global Investors FOTO: © SEBASTIAN WIDMANN VERTRIEB & PRAXIS Tobias Pross | Allianz Global Investors 348 fondsprofessionell.de 4/2023

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