FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Sie starten also eine Expansion ins euro- päische Ausland. Das haben wir durchaus im Blick. Frank- reich ist der Start. Dann prüfen wir in eini- gen Jahren, wie weit wir dort gekommen sind. Wir machen nicht zwei oder drei Baustellen gleichzeitig auf. Das bindet zu viele Ressourcen. Wir gehen Schritt für Schritt vor. Eines Ihrer Kernthemen sind Aktien kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung. Wie beliebt sind diese derzeit bei Anlegern? Mit der dramatischen Rückkehr der Zin- sen richteten sich die Investoren zunächst einmal wieder Richtung Anleihen und Geldmarkt aus. Und mit Large-Cap-Aktien ließen sich in den letzten Jahren hohe Ren- diten erzielen. Unsere Spezialthemen er- scheinen vielen da derzeit weniger attraktiv. Antizyklische Investoren hingegen schauen auf die historische Unterbewertung und sehen die Einstiegschance. Der Blick auf den aktuellen Zeitraum ist nicht immer hilfreich. Mir ist wichtig, dass Small und Mid Caps kein Modethema sind. Wir set- zen bewusst nicht auf irgendwelche kurz- lebigen Trends. Ich bin auch kein großer Freund von Themenfonds. Unsere Invest- mentkonzepte sind Evergreens, die man über Jahrzehnte zur Diversi kation im Portfolio halten kann. Small Caps hatten schon immer ihre Berechtigung. Aber uns ist auch klar, dass der Fondsvertrieb Zyklen unterliegt. Kann das geringere Interesse an Neben- werten von der Furcht genährt sein, dass in Deutschland eine Abwanderung der Indus- trie droht? Das Small-Cap-Universum ist so groß – uns bleibt genug Auswahl unter Firmen, die nicht so stark von der Energiekrise betroffen sind. Vor allem ist die Lage gar nicht so einseitig. Unsere Fondsmanager haben insgesamt mehr als 1.500 Unter- nehmenskontakte im Jahr.Wir bekommen unge ltert die Sorgen und Nöte der Mittel- ständler mit. Erstaunlicherweise sehen sie eine überbordende Bürokratie als das größ- te Hindernis für Wachstum und nicht etwa Energiekrise. Geopolitische Risiken wie Krieg oder auseinanderbrechende Lieferketten haben sich allerdings erhöht. Droht also keine Deindustrialisierung? Industrien, die zu stark von Energie abhän- gig sind, wird es in Deutschland nicht mehr geben, wenn diese im internationa- len Wettbewerb stehen. Diese Unterneh- men sind auf dem Absprung, insbesondere im Chemiebereich. Diese Entwicklung sehen wir allerdings schon seit zehn Jahren. Aber im deutschen Mittelstand gibt es noch so viele andere Firmen, die über ein großes Know-how, Patente und Techno- logien verfügen. Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas.Wir können wieder zum Powerhouse werden. Aber da gibt es gewiss noch viel zu tun. Neben Small Caps führen Sie auch Stra- tegien auf Volatilität oder forderungsbesi- cherte Wertpapiere, kurz CLOs, im Sorti- ment. Diese Themen dürften nur wenigen Privatanlegern verständlich sein. Wie ver- markten Sie solche Ansätze? Solche Strategien sind gewiss erklärungsbe- dürftig, Small und Mid Caps sind da greif- barer. Über eine saubere und transparente Kommunikation kann man aber auch sol- che Themen gut erklären. Und am Ende » Das auf Provisionen fußende System halte ich nicht für ganz so falsch. Honorar- beratung allein ist auch nicht so sexy. « R a l f L o c h m ü l l e r , L u p u s A l p h a FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT fondsprofessionell.de 4/2023 355

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