FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Kritisches Kippen Im Falle negativer Schlagzeilen kann bei Fonds eine regelrechte Massenflucht einsetzen. Während Anleger dann nicht mehr viel unternehmen können, bleiben Anbietern noch ein paar Optionen. G ut 32 Jahre nach der Gründung steht die britische Hedgefondsgesellschaft Odey Asset Management vor einem un- rühmlichen Ende. Hintergrund sind die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen den Starmanager und Gründer Crispin Odey. In einem Artikel der Wirtschaftszei- tung „Financial Times“ hatten 13 Frauen angegeben, Odey habe sie belästigt oder missbraucht. Die Vorfälle sollen sich über Jahrzehnte erstreckt haben. Der Manager bestreitet die Vorwürfe vehement. Der einstige Hedgefonds-Star stand be- reits vor zwei Jahren wegen eines Belästi- gungsvorwurfs vor Gericht. In diesem Fall wurde er freigesprochen. Angesichts der neuerlichen Vorwürfe kappten die Mit- gesellschafter der Firma die Beziehungen zumGründer.Doch es half nichts: Anleger zogen massiv Mittel ab. Bei einigen Fonds mussten die Anteilsrücknahmen gestoppt werden. Banken und Partner stellten die Geschäftsbeziehungen ein. Das Haus löst sich nun selbst auf. Das Schicksal von Odey ist ein Beispiel dafür, wie Portfoliomanager und Invest- mentgesellschaften ins Straucheln geraten können, wenn sie negative Schlagzeilen machen. Erste Anleger ziehen ob der schlechten Nachrichten ihr Geld ab. Das schürt bei weiteren Investoren Verunsiche- rung und kann dazu führen, dass eine Investmentgesellschaft die Tore der betrof- fenen Fonds schließen muss.Manche erin- nert das an einen „Bank Run“, bei dem Kunden ein Kreditinstitut stürmen, um ihr Erspartes zu retten. Sie fragen sich: Was tun bei einem „Fund Run“? Zu solchen Fällen kommt es immer wie- der mal. So gerieten im Juni 2019 Investo- ren der Boutique H2O Asset Management in Aufruhr. Damals wurde bekannt, dass der französische Starmanager Bruno Crastes und sein Team in Fonds zum Teil illiquide Papiere gelegt hatten, die dem Umfeld des deutschen Finanziers Lars Windhorst zuzu- rechnen sind. Der in der Ära des Bundes- kanzlers Helmut Kohl gefeierte damalige Jungunternehmer machte später mit Insol- venzen von sich reden. Als ein Artikel der Wirtschaftszeitung „Financial Times“ das H2O-Engagement in Windhorst-Firmen aufdeckte, zogen Anleger binnen Tagen acht Milliarden Euro ab. Grassierende Verunsicherung H2O-Frontman Crastes betonte zu- nächst, dass „95 Prozent unserer Strategien liquide“ seien und dass die Investmentbou- tique die Fonds „niemals einfrieren“würde. Ein Jahr später, nach dem Corona-Crash, musste die Gesellschaft bei mehreren Port- folios jedoch die Anteilsausgabe und -rück- nahme zeitweilig aussetzen. In der Schlie- ßungszeit wurden die illiquidenWertpapie- re in Seitentaschen ausgelagert, die aufge- löst werden sollen. Die Abwicklung ist bis heute nicht abgeschlossen. » Wenn es zu einer Krisensituation kommt, ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. « Natalia Wolfstetter, Morningstar Geht das Vertrauen in ein Geldhaus verloren, setzt eine Massenflucht ein – ein „Bank Run“. Auch bei Fonds kann es zu massiven Mittelabzügen kommen. Anbieter müssen dann die Abwärtsdynamik stoppen. VERTRIEB & PRAXIS Fund Runs 360 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © SHISU_KA | STOCK.ADOBE.COM

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