FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

voll auslasten. Deshalb verringert sich die Bettenbelegung. In der Altenhilfe kalkuliert man oft mit 98 Prozent Auslastung, viele Betreiber laufen aber aufgrund der Perso- nalengpässe derzeit deutlich unter 90 Pro- zent. Dadurch mindern sich die Erlöse. Gleichzeitig steigen auf der anderen Seite die Kosten erheblich. In unseren Kunden- branchen gibt es in der Regel keine Preis- hoheit. Die Vergütungen werden mit den Kostenträgern, den Sozialversicherungen oder den Kommunen, ausgehandelt. Die Verhandlungszyklen sind zumeist retro- spektiv und nicht prospektiv. Es dauert mitunter mehrere Jahre, bis Kostensteige- rungen verhandelt und liquiditätswirksam werden. Für die Zwischenzeit müssen wir als Bank die Liquidität zur Verfügung stel- len. Dabei muss man immer unterschei- den: Handelt es sich um temporären Liquiditätsbedarf oder gibt es strukturelle Probleme? Bei Letzteren beraten wir unsere Kunden bei der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Wie macht sich das steigende Zinsniveau bei Ihnen bemerkbar? Spüren Sie das bei der Refinanzierung Ihrer Ausleihungen? Wir haben eine sehr stabile Passivseite.Wir nanzieren uns fast ausschließlich über Kundeneinlagen. Zu unseren Kunden ge- hören auch große Krankenversicherungen, deren Zahlungsverkehr über uns läuft.Wir sind auch die „Spendenbank“: Wir wickeln den Zahlungsverkehr von vielen großen und kleinen Spendenorganisationen ab. Natürlich spüren wir den gegenwärtigen Wettbewerb am Markt um Kundeneinla- gen, aber wir besitzen eine sehr stabile und breite Einlagenbasis. Im Bankenmarkt gibt es einige Mitbewer- ber, die derzeit relativ offensiv versuchen, Marktanteile im Kreditgeschäft bei institu- tionellen oder Firmenkunden zu gewinnen. Spüren Sie diese Konkurrenz? Wir spüren die Konkurrenz, aber in Wel- len. Auf den ersten Blick stellt die Branche einen sehr stabilen Wachstumsmarkt dar. Auf den zweiten Blick ist sie hochkomplex. Dann steigt man als Bank ein und stellt nach einiger Zeit fest: Ganz so einfach ist das Geschäft doch nicht – und steigt wie- der aus. Als Mitbewerber sehen wir zwar auch andere Spezialbanken wie die Kirchen- banken oder die Deutsche Apotheker- und Ärztebank. Mit diesen Instituten arbeiten wir bei Konsortialkrediten, aber auch sonst oft zusammen. Konsortialpartnerschaften haben bei uns eine größere Bedeutung als der Wettbewerb mit anderen Banken. Im Bereich unserer Investmentfonds kooperie- ren wir beispielsweise mit der GLS Bank. Wie kommen Sie an spezialisierte Mitar- beiter, die über ausreichendesWissen über die regulatorischen Hintergründe und die Feinheiten innerhalb der Sozialwirtschaft verfügen? Diese spezielle Ausbildung nehmen wir selbst vor. Wir stellen Experten, beispiels- weise im Kreditgeschäft, ein. Diese durch- laufen dann interne Schulungsprogramme unseres Research und unserer Fachberater. Diese Beratereinheit ist sicherlich markt- führend im Bereich der Sozialimmobilien und besitzt auch umfangreiche Expertise in Sachen Nachhaltigkeit. Natürlich stellen wir oft auch junge Hochschulabsolventen ein, die durch ihre Fächerkombination eine Art Vordisposition für die Sozialwirtschaft mitbringen. Wir spüren, dass für junge Menschen der „Purpose“, also der Inhalt und der Zweck ihrer Arbeit, immer wich- tiger wird. Bei der Sozialbank arbeitet man mit und für Kunden, die für die Hilfs- bedürftigen in unserer Gesellschaft, die Schwachen, Kranken, Alten und Kleinen, da sind. Trotz allem suchen wir derzeit noch Personal für rund 40 offene Stellen. Viele Beschäftigte unserer Bank sind auch ehrenamtlich tätig, dies fördern wir auch. Die Förderung des Ehrenamts ist ohnehin ein Thema, das uns beschäftigt. » Bei uns erhält nicht jeder einen Kredit, nur weil er gemeinnützig ist. « Harald Schmitz, Sozialbank FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT BANK & FONDS Harald Schmitz | Sozialbank 398 fondsprofessionell.de 4/2023

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