FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Vier gewinnt Der Fachkräftemangel ringt einigen Banken ungewöhnliche Maßnahmen ab: Sie senken die wöchentliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter – bei vollem Lohnausgleich. D as Thema Fachkräftemangel beschäf- tigt die deutsche Wirtschaft schon lange. Seit einigen Jahren spürt dies zuneh- mend auch die Bankbranche. Allein im zweiten Quartal 2023 schrieben deutsche Banken über 34.300 Stellen aus, haben die Personalmarktexperten der Index-Gruppe aus Berlin ermittelt. Mittlerweile suchen die Institute nicht nur hoch quali zierte Spezialisten wie Controller oder Kreditana- lysten – auch Vertriebler und „normale“ Filialmitarbeiter sind trotz des fortschrei- tenden Filialabbaus sehr gefragt. Der Mangel wirkt sich mittlerweile nega- tiv auf den Geschäftsbetrieb aus. Er führt bei einigen Instituten sogar dazu, dass nicht mehr alle Geschäftsstellen planmäßig geö - net werden können. Die Sparkasse Köln Bonn führte beispielsweise vor einigen Jah- ren in den Sommerferien in einigen meist kleineren Filialen reduzierte Ö nungszei- ten ein. So ö net die Kölner Filiale Ecke Riehler Gürtel / Stammheimer Straße nur noch dienstags von 9.30 bis 12.30 Uhr. Die Sparkasse begründet dies mit der geringen Frequenz in den Zweigstellen auf- grund der Urlaubszeit, aber auch mit dem herrschenden Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften. Auch vor einigen Commerzbank-Filialen bildeten sich im Sommer beachtliche Schlangen mit unzufriedenen Kunden. Der Schrumpfkurs der Bank mit Blick auf Filialen und Belegschaft führte bei den verbliebenen Geschäftsstellen zu großem Andrang. Als Sofortmaßnahme beschloss der Vorstand umManfred Knof, kurzfristig 90 Servicemitarbeiter einzustellen. Noch dicker kam es für die Sparkasse Kaisers- lautern: Sie machte im September insge- samt 27 Filialen für drei Wochen dicht. Grund: Personalmangel. Vorsorge Nicht alle Banken nehmen die Situation kamp os hin. Einige Institute haben sich Gedanken gemacht und gehen jetzt inno- vative Wege, die die Branche aufhorchen lassen. Um neue Angestellte zu gewinnen, vor allem aber, um bestehende Mitarbeiter zu halten, fuhren mehrere Volksbanken die wöchentliche Arbeitszeit von 39 auf 35 Stunden herunter und führten gleichzeitig die Viertagewoche ein. Gearbeitet wird jetzt nur noch von Montag bis Donnerstag – und dies bei vollem Lohnausgleich. „Zuerst reagierten einige Mitarbeiter eher ungläubig und suchten nach dem Haken“, berichtet Hans-Jürgen Lembicz, Vorstandssprecher der Volksbank Euskir- chen. „Nachdem realisiert wurde, dass es keinen ‚Haken‘ gibt, reagierten die Beschäf- tigten sehr positiv und teilweise sogar euphorisch. Es el sogar öfter der Aus- druck, wir seien ein ‚cooler Arbeitgeber‘.“ » Die Erhöhung der zusammenhängenden Erholungszeiten wirkt sich ganz offensichtlich positiv auf die Mitarbei- termotivation aus. « Alexander Kostal, Volksbank Kaiserslautern „Freitags ist sie nie da!“ Die Zeile aus dem Song der „Fantastischen Vier“ gilt bei einigen Banken mittlerweile für alle Kolleginnen – und die Kol- legen natürlich auch. Die Institute setzen auf die Viertagewoche. BANK & FONDS Arbeitszeitmodelle 402 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © BLUEDESIGN | STOCK.ADOBE.COM

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