FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Der Schritt war aus Sicht des Vorstands notwendig geworden, da die Belegschaft der genossenschaftlichen Bank nicht mehr zu den Jüngsten zählt: „In den nächsten fünf Jahren sind 50 von unseren 250 Mit- arbeitern 63 Jahre oder älter. Genau wie im Handwerk herrscht auch bei uns Fachkräf- temangel“, erklärt Lembicz. „Wir haben in den letzten Jahren mehrere jüngere Mit- arbeiter verloren. Aber nicht an andere Banken, sondern eher an den ö%entlichen Dienst, etwa an die Polizei oder die Ba n. Da lockten die exiblen Arbeitszeiten. Jetzt können wir uns darüber beklagen – oder etwas unternehmen.“ Für den Vorstand war klar, dass die Bank am Arbeitsmarkt attraktiver werden muss- te, zumindest für Bewerber aus der Umge- bung. Die Umstellung kam gut an, nicht nur bei den Beschäftigten. Insbesondere an den beiden langen Tagen, dem Dienstag und demDonnerstag, an denen von 8 Uhr bis 18.25 Uhr gearbeitet wird, verspürt Lembicz eine hohe Motivation unter den Kollegen. „Am ‚Schladi‘ und ‚Schlado‘wird jetzt richtig rangeklotzt, aber danach kön- nen die Mitarbeiter das lange Wochenende genießen“, sagt der Vorstandssprecher. Es ha- be fast keine negativen Kundenreaktionen gegeben, so Lembicz. „Überwiegend ver- zeichneten wir Verständnis bis sogar Freu- de für die betro%enen Mitarbeiter.“Gleich- zeitig konnte die Bank auch Kosten sen- ken. „Energetisch haben wir es tatsächlich gescha%t, sämtliche Gebäude von Freitag bis Sonntag herunterzufahren“, freut sich der Bankenchef. Die wenigen Mitarbeiter, die auch freitags arbeiten müssen – neben dem Vorstand sind das einige weitere Füh- rungskräfte sowie die Mitarbeiter des tele- fonischen Kundencenters –, agieren aus- nahmslos vom Homeo ce aus. Effektiv Vorreiter bei der Einführung der Vierta- gewoche war die Volksbank Kaiserslautern. Bereits Anfang Juli 2022 reduzierte das Unternehmen für seine Beschäftigten die wöchentliche Mindestarbeitszeit von 39 auf 34,5 Stunden bei unverändertem Gehalt. „Unser Ziel war es, den Mitarbeitern unse- rer Bank eine dauerhafte Erweiterung der Erholungszeiten und damit eine wirksame Präventionsmaßnahme gegen physische und psychische Belastungen zu bieten“, sagt Vorstand Alexander Kostal, der die Bank gemeinsam mit Peter Kullmann führt. Mehrkosten seien dadurch nicht ent- standen. „Die Erhöhung der zusammen- hängenden Erholungszeiten wirkt sich ganz o%ensichtlich positiv auf die Mitar- beitermotivation aus. Einzelne Teams haben auch durch organisatorische Maß- nahmen ihre E%ektivität noch gesteigert“, erklärt Kostal. Zudem sei die Fluktuation deutlich zurückgegangen, und auf der Be- werberseite gäbe es immer mehr Fachkräf- te, für die die Bank attraktiv geworden sei. Gleiches gilt für die Volksbank Euskir- chen. „Im ersten Halbjahr durften wir uns über 16 Neueinstellungen freuen, was bei einer Mitarbeiteranzahl von rund 260 sehr erfreulich ist“, berichtet Lembicz. Deutlich mehr Bewerbungen als früher verzeichne sein Haus zwar nicht. „Wir sehen aber aktuell kaum Fluktuation durch Kündi- gungen und einen kräftigen Rückgang der Anträge auf Altersteilzeit“, sagt er. Ganz ohne Aufwand ging die Umstellung natür- lich nicht vonstatten. So mussten rund 250 Einzelverträge mit den geänderten Stun- denzahlen sowie Urlaubstagen neu erstellt und unterschrieben werden. Nachahmer Es fällt auf, dass vor allem Genossen- schaftsbanken den Weg der Viertagewoche gehen. Die Modelle unterscheiden sich meist nur in Feinheiten. So arbeiten die Mitarbeiter der Volksbank Düsseldorf/ Neuss mittlerweile statt 39 Stunden nur noch 36 Stunden in der Woche. In der Alexander Kostal, Volksbank Kaiserslautern: „Ein- zelne Teams haben durch organisatorische Maßnah- men ihre Effektivität noch gesteigert.“ Hans-Jürgen Lembicz, Volksbank Euskirchen: „Genau wie im Handwerk herrscht auch bei uns Fachkräftemangel.“ 27 Filialen musste die Sparkasse Kaisers- lautern im September 2023 für insgesamt drei Wochen wegen Personalmangels schließen. Quelle:SWR BANK & FONDS Arbeitszeitmodelle 404 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © FOTO BY SOUSA | VB KAISERSLAUTERN, CORNELIS GOLLHARDT | VOLKSBANK EUSKIRCHEN

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