FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2023

Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand des Mitbewerbers DJE Kapital, p ichtet ihm bei: „Die veränderte Zinslandschaft hat dazu geführt, dass viele Banken und Spar- kassen ihre Vertriebsstrategien neu ausge- richtet haben – sei es freiwillig oder beein- usst durch die emittierenden Institute, die nun die Zinswende mit Zerti%katsstruktu- ren und Zinsderivaten begleiten“, sagt er – und lässt eine Mahnung folgen: „Was dabei häu%g vergessen wird, ist die Tatsache, dass die über Jahre hinweg nachhaltig der Altersvorsorge verschriebenen Beraterstruk- turen im Fondsbereich auf diese Weise über Bord geworfen werden. Dies kann irgendwann zum Bumerang werden.“ Schrieber verweist darauf, dass sich der Nettofondsabsatz der Sparkassen 2022 im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert hat, während die Dekabank, das Wertpa- pierhaus der Sparkassen, ihre Position als Deutschlands größter Zerti%kateanbieter festigte (siehe Gra%k unten). Zur Erinne- rung: Die Deka war erst 2013 ins Retail- geschäft mit strukturierten Wertpapieren eingestiegen, benötigte dann aber nur gut fünf Jahre, um alle anderen Emittenten zu überholen. Rechnet man das ausstehende Volumen der LBBW und der Helaba hin- zu, warben die Emittenten aus dem Spar- kassenlager mehr als jeden zweiten Zerti%- kate-Euro ein. Die DZ Bank, der zentrale Derivateanbieter der Volks- und Rai eisen- banken, steht für ein weiteres knappes Fünftel des Marktes. Das unterstreicht, dass die strukturierten Wertpapiere insbesonde- re im breiten Filialvertrieb ein Thema sind. Allein im ersten Halbjahr 2023 warb die Deka über die Sparkassen fast elf Milliar- den Euro mit Zerti%katen ein, fast doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Der Fondsabsatz lag mit netto 3,5 Milliarden Euro nur bei einemDrittel dieser Summe. Besonders gefragt sind einfache Zinsanlei- hen, deren Rendite bei überschaubarem Risiko deutlich über dem liegt, was die Sparkassen für Tages- oder Festgeld bieten. Produktivkapital statt Derivat „Nun muss man natürlich berücksichti- gen, dass eine einseitige Ausrichtung auf die vermeintliche Zinskomponente bei der aktuellen In ationsrate immer noch keine positive Realrendite verspricht“, betont Schrieber.Mittel- bis langfristig gelinge ein In ationsausgleich wohl nur, wenn man sich am Produktivkapital beteilige. Die Vertriebspro%s der Asset Manager stehen nun vor der Aufgabe, ihre Ansprech- partner in den Banken von dieser Argu- mentation zu überzeugen. Sie müssen jedenfalls ho en, dass sich mit Blick auf das Zerti%kat nicht bewahrheitet, was Wes- ternhagen im letzten Refrain seines Liedes besingt: „War nie wirklich weg, hab’ mich nur versteckt. Und eines ist sicher: Ich geh’ nie wieder weg.“ BERND MIKOSCH FP Auf zu alten Höhen? Markt für strukturierte Wertpapiere in Deutschland Nach der Lehman-Pleite 2008 kollabierte der deutsche Zertifikatemarkt. Jüngst erreichte das Volumen den höchsten Stand seit Juli 2011. Quelle:BSW 0 20 40 60 80 100 ’23 I I I 2020 I I I I I 2015 2010 I I I I I I I I I I 2005 I Ausstehendes Volumen von Retail-Zertifikaten in Mrd. Euro 139 Mrd. 78,2 Mrd. 61,8 Mrd. 108,4 Mrd. Sept. 2007 Feb. 2009 März 2020 Aug. 2023 Sparkassen vorneweg Deutschlands größte Zertifikateanbieter Drei der vier größten Anbieter kommen aus dem Sparkassenlager. Sie vereinen 55 Prozent des Marktes für Anlagezertifikate auf sich. Quelle:BSW |Stand:30.6.2023 0 5 10 15 Vontobel Goldman Sachs BNP Paribas Deutsche Bank Unicredit Société Générale Helaba LBBW DZ Bank Dekabank Ausstehendes Volumen in Anlageprodukten in Mrd. Euro 21,4 16,3 16,1 13,7 7,5 4,8 3,5 3,0 2,0 1,7 Mrd. Euro » Beraterstrukturen im Fondsbereich werden über Bord geworfen. « Thorsten Schrieber, DJE Kapital BANK & FONDS Zertifikate 432 fondsprofessionell.de 4/2023 FOTO: © JOHANNES VOGT

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