FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2024
Eine andere wichtige Neuerung: Eine automatische Einbindung jedes Mitarbei- ters in die Betriebsrente mit Widerspruchs- möglichkeit (Opting-out) ist künftig nicht mehr nur durch Tarifverträge möglich, son- dern auch auf Betriebsebene, wenn sich der Arbeitgeber mit mindestens 20 Prozent Zuschuss beteiligt statt dem gesetzlich vor- geschriebenen Mindestzuschuss von 15 Prozent bei Entgeltumwandlungen. Das gilt aber nicht für Firmen ohne Betriebsrat. „Man hätte für Kleinunternehmen mehr Mut zeigen können, denn dort sind Be- triebsvereinbarungen nicht sehr verbreitet“, kritisiert denn auch Henriette Meissner, bAV-Chefin der Stuttgarter Lebensversi- cherung. Immerhin könnten sogenannte Matching-Modelle, bei denen Arbeitgeber mehr als 15 Prozent Zuschuss leisten, so- fern sich die Mitarbeiter für eine Entgelt- umwandlung entscheiden, damit weiter Auftrieb bekommen. Aus dem Referentenentwurf sei hier ab- schließend eine letzte Neuerung genannt: Bisher haben Arbeitnehmer nur bei Bezug einer vollen Altersrente Anspruch auf den vorzeitigen Bezug der Betriebsrente. Künf- tig soll dies auch möglich sein, wenn sie nur eine Teilrente aus der gesetzlichen Ren- te beziehen (Paragraf 6 BetrAVG). Das ist aber weiter regelmäßig mit Abschlägen ge- mäß der Versorgungsordnung verbunden. Generationengerechtigkeit Der große Wurf sei das 2. BRSG den- noch nicht, „da viele Themen aus dem Fachdialog Betriebsrente nicht aufgegriffen wurden“, ist von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) zu hören. Sie fordert vehement Ergänzungen, unter anderem die Zulassung fairer Ein- griffsmöglichkeiten in bestehende Zusagen, um mehr Generationengerechtigkeit bei Betriebsrenten hinzubekommen. Bei- tragszusagen mit Mindestleistung (BZML) und beitragsorientierte Leistungszusagen (BoLZ) sollten durch die Absenkung von Garantieverpflichtungen besser nutzbar ge- macht und die Dotierungshöchstgrenze im Steuer- und Sozialversicherungsrecht ver- einheitlicht werden, so die Aba. Hinter- grund: Der steuerliche Dotierungsrahmen bei Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen von acht Prozent der BBG der gesetzlichen Rentenversicherung und die sozialabgabenfreie Dotierung in Höhe von vier Prozent der BBG fallen weit auseinander. Die Hoffnung auf Nachbes- serungen hält die Aba für begründet. „Ein Referentenentwurf kommt in aller Regel nicht so aus dem Anhörungsverfahren raus, wie er reingegeben wurde“, sagt Aba- Geschäftsführer Klaus Stiefermann. „Neben der rBZ muss es gesetzgeberisch auch möglich gemacht werden,mit niedri- geren Garantien als 100 Prozent rechts- sicher zu arbeiten, wenn die Beteiligten das wollen“, fordert auch Aktuar Georg Thur- nes, Inhaber von Thurnes bAV und ehren- amtlich Aba-Vorstandschef. Die Lebensver- sicherer sind derweil längst massenhaft von der BZML abgerückt. Makler empfehlen inzwischen weitgehend eine BoLZ, die häufig 80 Prozent Garantie bietet. Tarifverträge prüfen Zur Sorgfaltspflicht in der bAV-Beratung gehört, bestehende bAV-Tarifverträge auf Garantieversprechen zu prüfen, ehe eine BoLZ-Lösung empfohlen wird. Hinter- grund: Es könnte sein, dass die Firma im- mer noch eine 100-Prozent-Mindestleis- tung als arbeitsrechtliche Zusage schuldet, etwa im Einzelhandel der meisten Bundes- länder. „Die konkrete Zusage steht im bAV- Tarifvertrag, sofern einer für die Branche existiert“, sagt Christian Guse, auf bAV spe- zialisierter Rechtsanwalt aus Hamburg. „Wer die tarifvertraglichen Vorgaben nicht kennt und keinen Zugang dazu hat, tappt als Arbeitgeber und als Berater womöglich in die Haftungsfalle“, warnt Guse (siehe auch FONDS professionell 4/2022, S. 264). DETLEF POHL FP Marcus Wetzel, Martens & Prahl: „In der Regel wird unsere Dienstleistung durch Courtage finanziert, zunehmend aber auch durch Honorar.“ Rolf Schmachtenberg, Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): „Die Soli-Rente Plus ist keine Alternative zu Sozialpartnermodellen.“ » Wer die tarifvertrag- lichen Vorgaben nicht kennt, tappt womöglich in die Haftungsfalle. « Christian Guse, Rechtsanwalt FONDS & VERSICHERUNG Betriebsrente 266 fondsprofessionell.de 3/2024 FOTO: © BDVM | MARTENS & PRAHL, J. KONRAD SCHMIDT | BMAS
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