FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2024

Modelle, die wir analysiert haben, unter- schiedlich, aber es gibt auch Überschnei- dungen“, sagt Nobert Kuhn. Eine Gemeinsamkeit sei eine hohe Ak- tienquote in den Depots. In den USA liegt sie im Schnitt bei 65 Prozent, in Frankreich bei 55 Prozent, in Australien bei 49 Pro- zent. Eine hohe Aktienquote sehen die Stu- dienautoren als wichtigen Faktor dafür, dass mit einem Altersvorsorgedepot eine auskömmliche Rente erzielt wird. „In den untersuchten Ländern sind die Quoten deswegen so hoch, weil auf eine Kapital- garantie verzichtet wird“, erklärt Kuhn. Zwar können Garantieprodukte gewählt werden, aber: In Australien etwa investieren 95 Prozent der Sparer lieber in garantiefreie Anlageprodukte. Aktienquote von 60 Prozent Die Bundesregierung sollte ebenfalls auf Bruttobeitragsgarantien oder Garantiezin- sen verzichten, lautet die Empfehlung der Studienautoren. Zudem schlagen sie dem deutschen Gesetzgeber vor, als Vorausset- zung für die Nutzung des Altersvorsorge- depots eine Mindestaktienquote in Höhe von 60 Prozent vorzugeben. „In den betrachteten Ländern gibt es eine breite Palette an Altersvorsorgedepots“, sagt Kuhn. Die Anbieter seien fast immer hoch regulierte Finanzinstitute wie Banken, Versicherungs- oder Kapitalverwaltungs- gesellschaften. Eine zusätzliche bürokratische Hürde wie eine Zertifizierung von Altersvorsorge- depots oder Unternehmen gibt es in den meisten analysierten Ländern daher nicht. Die Experten von DAI und DWP Bank empfehlen auch der Bundesregierung, von einer verpflichtenden Zertifizierung der Altersvorsorgedepots sowie der Anbieter Abstand zu nehmen. Damit möglichst viele Sparer und Anle- ger die neuen Wertpapierdepots auch nut- zen, sollten sie einfach gestrickt und ver- ständlich sein, befinden die Autoren der Untersuchung. Die fünf analysierten Län- der haben deshalb Standardprodukte ein- geführt, die einem sogenannten Lebens- zyklusmodell folgen. Das bedeutet, dass die Depots zu Beginn der Sparphase einen hohen Aktienanteil vorsehen, der immer mehr abschmilzt, je weiter sich der Inhaber dem Rentenalter nähert. Freie Wahl „Wer kein Standardprodukt wählen möchte, sondern die Finanzprodukte für sein Altersvorsorgedepot lieber selbst aus- wählen will, hat die Möglichkeit dazu“, erklärt Kuhn. In Frankreich wird das Le- benszyklusmodell nur dann automatisch angeboten, wenn ein Sparer keine anderen Wünsche äußert. „Ein solches Standardpro- dukt, das die Bundesbürger wählen kön- nen, aber nicht müssen, sollte es auch in Deutschland geben“, empfiehlt Kuhn. Als weitere Voraussetzung für den Erfolg von Altersvorsorgedepots sehen die Exper- ten eine hohe steuerliche Förderung. Im Ausland zeigten sich die Gesetzgeber in diesem Punkt großzügiger als hierzulande. Derzeit können deutsche Riester-Sparer jährlich 2.100 Euro der Beiträge von der Steuer absetzen. Für einen Anschluss an die internationale Förderpraxis sollte dieser Betrag mit Einführung des Altersvorsorge- depots auf mindestens 6.000 Euro erhöht werden, raten die Studienautoren. In der Auszahlungsphase flexibel Nicht zuletzt kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass den Nutzern des ge- planten Wertpapierdepots mehr Optionen in der Auszahlungsphase eingeräumt wer- den sollten. Aktuell können sich Inhaber von Riester-Verträgen zu Rentenbeginn 30 Prozent des angesparten Kapitals auszahlen lassen, die verbleibenden 70 Prozent erhal- ten sie in Form einer lebenslangen Rente. „Im Ausland sind die Modelle deutlich flexibler“, sagt Kuhn. So bieten sie neben der Leibrente auch die Möglichkeit, einen Auszahlungsplan zu wählen. Wer bei Renteneintritt etwa eine Hypothek oder andere Schulden tilgen möchte, kann sich sein Kapital sogar als Einmalzahlung aufs Konto überweisen lassen. Die Vorteile des Auszahlungsplans ge- genüber der Verrentung liegen auf der Hand: Bei Auszahlungsphasen von etwa 20 Jahren kann ein Teil der Altersvorsorge in renditestarken Anlagen investiert bleiben und so weiterhin Erträge erwirtschaften. Ein Auszahlungsplan ist in den fünf unter- suchten Ländern daher sehr beliebt. „Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Renteneinkommen bis zum Lebensende zu garantieren, gibt es dort nicht“, sagt Kuhn.Der deutsche Gesetzgeber sollte sich an den Modellen in Australien, Frankreich, Irland, Kanada und den USA ein Beispiel nehmen und ebenfalls von einer Verren- tungspflicht absehen, meint er. Abschrei- ben mag in der Schule zwar verboten sein. Für das Verfassen von Gesetzen gilt das jedoch nicht. ANDREA MARTENS FP » In den untersuchten Ländern sind die Aktien- quoten so hoch, weil auf eine Kapitalgarantie verzichtet wird. « Norbert Kuhn, DAI STEUER & RECHT Altersvorsorgedepot 414 fondsprofessionell.de 3/2024 FOTO: © FRITZ PHILIPP | DAI

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=