FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2024

darunter genau zu verstehen ist, lässt die EU-Richtlinie offen. Also wagte sich 2001 der Europäische Gerichtshof (EuGH) an eine Definition. Demnach ist Zweck einer Vermittlung, „das Erforderliche zu tun, da- mit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat“. Diese Defini- tion übernahm das Bundesfinanzministe- rium für den UStAE.Was heißt das für den Einsatz von Untervermittlern? Eine Ver- mittlung liegt dem Erlass zufolge nur vor, wenn „der Unternehmer, der die Leistung der Betreuung, Überwachung und Schu- lung übernimmt, durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann“. „In der Praxis bedeutet das, dass ein Makler- pool nicht einfach jeden Vertrag ungeprüft an den Versicherer weiterleiten darf, son- dern in der Lage sein muss, eine Police zu- rückzuweisen“, erläutert Ziska. „Diese Mög- lichkeit behält sich jeder seriöse Makler- dienstleister vor. Deshalb gilt die Umsatz- steuerbefreiung auch für ihre ‚Poolmarge‘.“ Trifft das auch auf die höherrangigen Vertreter eines Strukturvertriebs zu? Ja, meint Steuerberater Robert Prätzler. „Die Finanzvertriebe sind so organisiert, dass die Vertreter der oberen Stufen die Möglich- keit haben, bei einem Vertrag, den ein Un- tervermittler einreicht, ihr Veto einzulegen“, sagt der Partner der Kanzlei RSM Ebner Stolz in Frankfurt, der Unternehmen zu allen Fragen rund ums Umsatzsteuerrecht berät. „Damit ist die Voraussetzung, auf den Vertragsabschluss einwirken zu kön- nen, erfüllt.“ Er verweist in diesem Zusam- menhang auf mehrere Urteile des Bundes- finanzhofs (Az. V R 19/16, V R 44/07 und V R 7/08) und des EuGH (Az. C-453/05). Aufstockung der Grundprovision Die Steuerbefreiung kann sogar für Son- derzahlungen gelten, die manche Finanz- vertriebe erfolgreichen Vertretern zukom- men lassen, gern „Förderprovision“, „Büro- und Organisationszuschuss“ (BOZ) oder ähnlich genannt. Das Finanzamt eines Ver- mögensberaters hatte diesen Bonus als Zu- schuss gewertet, der dem Strukturaufbau dienen sollte, und verlangte Umsatzsteuer. Doch das Finanzgericht Hannover (Az. 11 K 190/19) gab dem Vermittler recht. „Das Gericht argumentierte, es handle sich um eine ‚Aufstockung der Grundprovision für die vom Vermögensberater erzielten Grup- penumsätze‘“, so Prätzler. Laut Urteil sahen die Richter einen „wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften“. Also: Ja, Provisionen für Finanzprodukte sind von der Umsatzsteuer befreit – nicht nur für den Vermittler, der den Kunden gewonnen hat, sondern auch für dessen Maklerpool oder Strukturoberen. Doch so einfach, wie manche tun, ist die Antwort nicht. BERND MIKOSCH FP » Ein Maklerpool darf nicht jeden Vertrag ungeprüft weiterleiten. « Daniel Ziska, GPC Tax Erstaunliche Ausnahme: Bestandsprovisionen für Fonds Kapitalverwaltungsgesellschaften schütten für Retailanteilsklassen von Fonds meist Bestands- provisionen an die depotführenden Stellen aus. Diese Zahlungen sind umsatzsteuerfrei – selbst nach einem Depotwechsel. Warum eigentlich? Grundsatz: Die Fondsanbieter bezeichnen die laufende Courtage aus gutem Grund als „Ver- triebsfolgeprovision“. Das soll verdeutlichen, dass damit die Vermittlung honoriert wird. Die Vermitt- ler oder Banken bekommen die Bestandsprovi- sion also nicht, weil sie sich weiter um die Kun- den kümmern – sonst müssten sie für diese Zah- lung nämlich Umsatzsteuer abführen. Das Geld fließt nur, weil sie ihren Kunden vor Jahren mal genau diesen Fonds empfohlen haben. Deshalb bleibt die Bestandsprovision umsatzsteuerfrei. Depotwechsel: Zieht der Kunde mit seinen Fonds zu einer anderen Bank um, fließt die Bestandsprovision in aller Regel fortan an das neue Institut. Dieses hat mit der einstigen Ver- mittlung der Fonds allerdings nichts zu tun. Der Logik folgend müsste die neue Bank also eigent- lich Umsatzsteuer auf diese Provisionen bezahlen. Doch das ist nicht der Fall – dem Fiskus sei Dank. UStAE: In Abschnitt 4.8.8 Absatz 6 des Um- satzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) heißt es: „Überträgt ein Kunde sein Depot auf ein anderes Kreditinstitut (…), stellen auch die für die über- tragenen Wertpapiere an das aufnehmende Kre- ditinstitut gezahlten Bestands- und Kontinuitäts- provisionen Entgelt für steuerfreie Vermittlungs- leistungen dar.“ Sprich: Die neue Bank muss keine Umsatzsteuer auf die Provision abführen, obwohl sie die Fondsanteile gar nicht vermittelt hat. Begründung: Über die Gründe für diese großzügige Regelung lässt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich hat das Bundesfinanzministerium eingesehen, dass es kaum möglich ist, die Pro- visionseinnahmen aus selbst vermittelten und übertragenen Fondsbeständen sauber zu trennen – ein erstaunlich pragmatischer Ansatz. fondsprofessionell.de 3/2024 427 FOTO: © GPC TAX

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