FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

Schmidt: Das nehmen auch wir durchaus so wahr.Wobei diese spürbare Überdrüssig- keit, die dem Thema entgegenschlägt, ja durchaus erklärbar ist in einer Zeit, die von einem anhaltenden Ukrainekrieg, verbun- den mit einer Energiekrise und einer zeit- weise enorm hohen Inflation, geprägt war. Es kann doch niemand verwundern, dass Branchen wie der Rüstungssektor, der Roh- stoffsektor und die Öl- und Gasindustrie in dieser Zeit besonders profitiert haben. Uns als verantwortungsvoll handelnden Asset Manager darf das aber doch nicht dazu verleiten, uns aus dem Thema Nachhaltig- keit zurückzuziehen. Denn die Probleme, vor denen Unternehmen heute stehen, die bleiben doch auch zukünftig. Schätzle: Das war einer der Gründe dafür, dass wir ganz im Gegenteil entschieden haben, uns neben dem Thema Alters- vorsorge bewusst als Haus der Nachhaltig- keit im deutschsprachigen Raum zu posi- tionieren. Auch um uns gegenüber man- chem Mitbewerber zu differenzieren. Denn wir gehen davon aus, dass das Pendel sozusagen deutlich zurückschlagen wird. Und das nicht nur in Bezug auf die Not- wendigkeit einer Reduzierung des CO₂- Ausstoßes. Sondern? Schmidt: Ein enorm bedeutendes Thema, das überhaupt noch nicht ausreichend auf der Agenda steht, ist der Aspekt Biodiversi- tät. Wohl nicht zuletzt weil es quantitativ schwerer zu greifen ist als die Notwendig- keit einer CO₂-Reduktion, deren Bedeu- tung weitgehend akzeptiert und verarbeitet ist. Vielen Marktteilnehmern ist aber noch viel zu wenig bewusst, dass etwa die Hälfte des globalen BIPs von einer breiten und gut funktionierenden Biodiversität abhängt. Deren Vernachlässigung würde zwangsläu- fig Auswirkungen haben auf enorm viele Sektoren und Einzelunternehmen und da- mit auch deren Börsenbewertung und ihre Aktienkurse. Ich würde sogar sagen, dass im Zusammenhang mit einer weiter zu- rückgehenden Biodiversität eine Gefahren- welle auf uns zurollen wird, die die CO₂- Problematik noch weit übertreffen wird. Schätzle: Man sollte auch nicht verkennen, dass von einer Zurückhaltung in Bezug auf den Aspekt Nachhaltigkeit allenfalls auf Sei- ten der Privatkunden die Rede sein kann, im institutionellen Segment ist das über- haupt nicht zu beobachten. Und in beiden Fällen spielt die Regulierung eine besonde- re Rolle. Bei der Beratung von Privatkun- den hat eine überbordende Regelungsdich- te für erhebliche Verunsicherung gesorgt, in jüngster Zeit kamnoch eine von der ESMA angestoßene Diskussion in Bezug auf die Namensgebung von ESG-Fonds hinzu. Re- gulierte Investoren im institutionellen Sektor dagegen haben gar nicht die Möglichkeit, das Thema stiefmütterlich zu behandeln. Bei Ihrem zweiten Schwerpunkt, der Al- tersvorsorge, dürfte es nach dem Zusam- menbruch der Ampelkoalition aber nicht zu dem zeitweise erwarteten Durchmarsch für die Fondsindustrie kommen. Schätzle: Die Gefahr ist natürlich groß, dass die aktuellen politischen Unsicherheiten dazu führen, dass dringend benötigte Re- formen in Bezug auf die Altersversorgung der Menschen erneut verschoben werden. An der grundsätzlichen Notwendigkeit einer klaren und durchdachten Neurege- lung der Altersvorsorge in allen drei Säulen ändert das aber nichts. Deshalb wäre es wünschenswert, dass die künftige Regie- rung dieses Thema prioritär behandelt. Schmidt: Wir würden es begrüßen, wenn dabei zwei wesentliche Aspekte erhalten » Ein enorm bedeutendes Thema, das noch nicht ausreichend auf der Agenda steht, ist der Aspekt Biodiversität. « Oliver Schmidt, Metzler Asset Management KURZ-VITA: Oliver Schmidt Oliver Schmidt arbeitet bereits seit mehr als 15 Jahren für das Bankhaus Metzler. Zuvor war er für BASF, SAP und Cominvest tätig. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH MARKT & STRATEGIE Philip Schätzle + Oliver Schmidt | Metzler Asset Management 130 fondsprofessionell.de 4/2024

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