FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024
Die Branche hat lange geleugnet, dass der Trend zum Homeoffice einen Einfluss auf die Flächennachfrage hat. Die würde sich qualitativ, aber nicht quantitativ ändern. Würden Sie sich dem immer noch an- schließen? Mehr denn je. Viele, die während Corona aufs Land gezogen sind, kommen wieder ins Büro, weil sie sich sorgen, fachlich und sozial den Anschluss zu verlieren. Man stellt sich Homeoffice immer so roman- tisch vor,man säße in seiner Villa mit herr- lichem Blick. So ist es aber bei den meisten nicht. Das Gros kommt zurück ins Büro. Das Portfolio Ihres offenen Immobilien- fonds Realisinvest Europa hat neben Büros auch einen recht hohen Anteil an Logistik- immobilien. Wie stellt sich hier die aktuelle Lage dar? Logistik läuft auch gut, da unsere Objekte allesamt in den sogenannten europäischen Logistik-Bananen liegen.Das sind bananen- förmige Gebiete, in denen – beispielsweise von den großen Seehäfen Rotterdam und Antwerpen bis nach Oberitalien – die gro- ßen europäischen Transportkorridore lie- gen. Mir macht der ganze Fonds über- haupt keine Sorgen, weil er die Gnade der späten Geburt hat, das heißt, er hat junge Objekte im Portfolio, die zu mehr als 98 Prozent vermietet sind.Mehr als die Hälfte von ihnen sind außerdem taxonomie- konform, erfüllen also alle ESG-Kriterien. Ja, einige wurden etwas teurer eingekauft, das ist wohl wahr. Aber interessanterweise haben die Objekte in der Langfristbewer- tung nur wenig verloren. Der Hauptgrund dafür ist die hohe Mieternachfrage nach taxonomiegerechten Objekten. Woher kommt das, dass Mieter, zumal in derzeit wirtschaftlich schwierigen Zeiten, bereit sind, einen ESG-Aufschlag zu zah- len? Viele Mieter müssen inzwischen darüber Bericht erstatten, wie nachhaltig sie agieren. Mieter in einem taxonomiegerechten Ob- jekt zu sein, kann hier ein passender Schritt sein. Zumal oftmals der Energieverbrauch effizienter ist, wenn zum Beispiel smarte Steuerungssysteme verbaut sind. Wie sieht das bei Ihren Logistikimmobilien aus? Generell stehen Logistikobjekte nicht gerade im Ruf, ESG-konform zu sein. Da hilft ungemein, wenn man eine Photo- voltaikanlage auf dem Dach hat. Auch die Zahl der Elektrotrucks wird mutmaßlich langfristig zunehmen. Wer dafür den eige- nen Strom bereithält, ist klar im Vorteil. Mit dem Zweiten Zukunftsfinanzierungs- gesetz, das derzeit als Referentenentwurf diskutiert wird, ist geplant, dass offene Immobilienfonds bis zu 15 Prozent ihres Fondsvolumens nicht nur in Aufdachan- lagen, sondern in eigenständige Erneuer- bare-Energien-Anlagen investieren dürfen. Wie beurteilen Sie das? Höchst positiv. Wir werden das mit hoher Wahrscheinlichkeit umsetzen. Wir prüfen bereits verschiedene Modelle und sind mit dem Sparkassenverband Bayern und dem deutschen Fondsverband BVI in intensiven Gesprächen, weil einiges noch unbestimmt ist: Wie wird das zum Beispiel in die Bera- tung integriert? Und wie ändern sich die Risikokennzahlen? » Von dem Gefühl, dass wir das Schlimmste hinter uns haben, könnte auch ein wenig mehr Optimismus ausgehen. « Christine Bernhofer, Real IS FOTO: © ANDREAS GEBERT fondsprofessionell.de 4/2024 221
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