FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024
illiquiden Teile, in denen die Windhorst-Pa- piere gebündelt wurden, sind immer noch eingefroren und sollen abgewickelt werden. Der Bericht der Aufseher, der die Zeit von 2015 bis 2019 abdeckt, förderte teils haarsträubende Begebenheiten zutage. So räumte H2O selbst auf Nachfragen der Finanzaufsicht zunächst nur einzelne Ein- ladungen durch Windhorst ein. Dabei war das H2O-Spitzenduo Crastes und Chailley, teils mitsamt Familien, mehrfach auf Windhorsts Superyacht zu Gast gewesen. Familiäre Stimmung Im Lauf der Zeit hat sich zwischen Crastes und Windhorst eine Beziehung entwickelt, die augenscheinlich über ein berufliches Maß hinausging. Die FCA zi- tiert als Beleg beispielhaft aus einer E-Mail, die Crastes im Januar 2019 an Windhorst schrieb: „Wir sind dabei, St. Martin zu ver- lassen, und ich möchte mich ganz herzlich für diese Traumwoche bedanken, die wir auf dem Schiff so sehr genossen haben. Al- les war so exklusiv und so freundlich [...]. Wir fühlen uns wie eine neue Familie mit [...] Dir und es geht uns direkt ans Herz.“ Windhorst antwortete noch am selben Tag: „Lieber Bruno. Ich habe gerade ver- sucht, Dich anzurufen. Vielen Dank für diese sehr freundliche Nachricht! Ich fühle genau dasselbe, es ist mehr als nur eine enge Freundschaft zwischen uns, es fühlt sich auch für mich wie eine erweiterte Fa- milie an!“ Eine Anfrage der FCA aus dem November 2019, ob persönliche Beziehun- gen zwischen H2O-Mitarbeitern und Windhorst oder seinem Umfeld bestehen, hatte H2O verneint. Damit nicht genug. Bei den Aufsehern keimte im Zuge der Untersuchungen der Verdacht auf, dass H2O bei einigen Invest- ments keine zeitnahe Due-Diligence-Prü- fung ausgeführt hatte. Die Behörde forder- te 2019 Unterlagen von H2O an. Darauf- hin erstellte ein „führender Manager“nach- träglich entsprechende Analyseberichte und schrieb Protokolle von Sitzungen, die aber nie stattgefunden haben. Diese fingierten Dokumente reichte der Manager bei der Aufsicht ein und machte „irreführende Angaben“ über die erfolgte Due-Diligence-Prüfung, so die FCA. Der entsprechende Manager habe H2O 2021 verlassen. Zudem betont die Behörde, dass nicht alle H2O-Führungskräfte wussten oder hätten wissen müssen, dass die der Aufsicht vorgelegten Informationen falsch oder irreführend gewesen sind. Blind für Risiken Die Aufseher prangern in dem Bericht zudem eine mangelhafte Risikokontrolle an. Das Risiko- und Compliance-Gre- mium von H2O sollte eigentlich alle zwei Wochen tagen, traf sich in der ersten Jahres- hälfte 2019 aber nur unregelmäßig. Und in den wenigen Sitzungen bis Juni 2019 wa- ren die Investments in Windhorsts Tennor Holding kein Thema, obgleich sie deutlich höhere Risiken bargen als viele andere Investments des Hauses. „H2O hat nicht versucht, die Risiken zu analysieren, die sich aus der Verbindung zu Herrn Wind- horst ergeben“, resümiert die FCA. » Wir fühlen uns wie eine neue Familie mit [...] Dir und es geht uns direkt ans Herz. « Bruno Crastes, H2O 2021 Januar 2021: Natixis gibt bekannt, seine Anteile an das H2O-Manage- ment verkaufen zu wollen. März 2021: Die britische Finanzauf- sicht FCA fordert H2O auf, externe Berater zu engagieren, um den Ver- kauf der illiquiden Investments voranzutreiben: eine Investmentbank und eine Wirtschaftskanzlei. Mai 2021: Verbindlichkeiten der Windhorst-Firmen gegenüber H2O werden in einer Anleihe gebündelt. Juli 2021: Die Finanzaufsicht Bafin hat Ermittlungen gegen Windhorst aufgenommen. Es bestehe der Anfangsverdacht des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz. Windhorst meint, dass die „Anschuldigungen jeder Grundlage entbehren“. September 2021: Privat- und Pro- fianleger schließen sich in der Grup- pe „Collectif Porteurs H2O“ zusam- men und engagieren eine Anwalts- kanzlei, um das Drama rund um die H2O-Fonds auszuleuchten und Ent- schädigungszahlungen einzufordern. November 2021: Windhorst gibt an, „mit Zustimmung“ der deutschen Finanzaufsicht Bafin die zuvor von ihr beanstandeten Einlagen zurückge- zahlt zu haben. Die Bafin spricht da- gegen von einer „Anordnung“. Zudem erklärt ein niederländisches Gericht Windhorsts Tennor Holding für insol- vent. Gegen die Entscheidung sei Ein- spruch eingelegt worden. „Tennor hat sich mit dem Antragsteller außer- gerichtlich geeinigt“, so Windhorst. 2022 Januar 2022: Ein niederländisches Berufungsgericht hebt die Insolvenz der Tennor Holding auf. Das H2O-Windhorst-Drama im Zeitverlauf | Teil 2 fondsprofessionell.de 4/2024 399 FOTO: © GLOBAL MACRO | H2O
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