FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024
turbulenten Marktphasen gegenüber den Kunden zu vertreten. Dazu gehört, offen einzugestehen, wenn man etwas nicht vor- hergesehen hat und dann Anpassungen vornehmen muss. Das schätzen die meis- ten Kunden, auch wenn es zunächst weh tun kann. In der Finanzberatung erfolgt der überwie- gende Teil der Vergütung über Provisionen – was Kritik auf sich zieht. Länder wie Großbritannien oder die Niederlande sind auf Honorarberatungsmodelle umge- schwenkt. Ein EU-weites Provisionsverbot ist kurzfristig zwar unwahrscheinlich ge- worden, kommt in einigen Jahren aber wohl erneut auf den Tisch. Wie würde Ihr Institut darauf reagieren? In diesem Fall würden wir uns natürlich an die Vorgaben der Regulatoren halten. Ich habe in Großbritannien gelebt, als dort das Provisionsverbot eingeführt wurde. Es war sehr interessant, welche umfassenden Änderungen diese Maßnahme nach sich gezogen hat. Ich glaube allerdings, dass der Wunsch nach kompetenter Finanzbera- tung unverändert hoch ist und konstant bleiben wird. Die Kunden erwarten auch nicht, dass eine solche Beratung komplett umsonst ist. Würden Sie aus der Erfahrung in Großbri- tannien ein Provisionsverbot begrüßen? Ich denke, Transparenz ist hier der Schlüs- sel zum Erfolg. Die Kunden müssen klar erkennen und wissen, was eine Dienstleis- tung kostet, und dann selbst entscheiden, ob das Beratungsangebot für sie relevant ist oder nicht. Ich habe in Großbritannien aber auch beobachtet: Kunden wollen und benötigen Beratung. Aber auch die Deutsche Bank schließt Filia- len und setzt noch stärker auf Online- und Telefonberatung, wie Ihr Institut jüngst angekündigt hat. Hier spielen die geänderten Erwartungen der Menschen an ihre Bank die entschei- dende Rolle. Schauen Sie sich etwa Unter- nehmen wie Amazon an, um zu sehen, was viele Menschen mittlerweile wirklich wünschen. Gerade die Jüngeren wollen Transparenz in Echtzeit und Zugriff rund um die Uhr haben. Und das Letzte, was sie wollen: in eine Filiale gehen zu müssen, weil etwas digital nicht angeboten wird. Deshalb ist Digitalisierung unglaublich wichtig und wird sich auch im Bankge- schäft weiter durchsetzen. Aber ich glaube auch, dass die Kombination von digitalen Angeboten mit persönlicher Beratung per Video, Telefon oder in den Filialen vor Ort den größten Mehrwert bietet. Dennoch hilft die Digitalisierung im Bank- wesen ganz erheblich dabei, Kosten zu sparen. Wenn man die Beratung digital unterstützt, kann sie effizienter werden. Uns geht es aber nicht allein um Effizienz, sondern vor allem um die positive Kundenerfahrung. Wir wollen sicherstellen, dass die Men- schen, die zu uns kommen, immer eine positive Erfahrung mit der Deutschen Bank machen. Dazu gehört auch, frei wäh- len zu können.Wenn sie etwas digital erle- digen wollen, dann muss das möglich sein. Wenn sie in die Filiale kommen wollen, muss das ebenfalls gehen. Und wenn ein- mal ein Kunde eingehender beraten wer- den möchte, dann müssen wir uns auch dafür die Zeit nehmen. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER FP KURZ-VITA: Maria Haindl Maria Haindl ist seit 2023 als Global Head of Managed Solu- tions im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank für die Entwicklung, die Vermarktung und die Vertriebsstrategie von Investmentprodukten zuständig. Zuvor arbeitete sie bei der DWS sowie bei Barclays Capital in London. Ihre Karriere begann sie 2001 als Trainee bei der Deutschen Bank in München. Haindl ist Diplomkauffrau und studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sowie an der Akademie für Wirtschaftswissenschaften in Bukarest. » Das Letzte, was Jüngere wollen: in eine Filiale gehen zu müssen, weil etwas digital nicht angeboten wird. « Maria Haindl, Deutsche Bank FOTO: © JOSE POBLETE BANK & FONDS Maria Haindl | Deutsche Bank 414 fondsprofessionell.de 4/2024
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