FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

Hochzeits saison Deutsche Banken ziehen die Aufmerksamkeit ausländischer Institute auf sich. Eine ganze Reihe von Übernahmen bahnt sich an. Was die Käufer an den hiesigen Geldhäusern so betörend finden. A llzu gern regen sich derzeit Stimmen, die über die schwindende Attrakti- vität des Wirtschaftsstandorts Deutschland lamentieren. Doch zumindest ein Feld trotzt allen Unkenrufen: das Bankgeschäft. Ausländische Akteure drängen geradezu in den deutschen Markt und nutzen jede Gelegenheit, um ihre Präsenz zu erweitern. So bahnten sich in den vergangenen Monaten drei größere Deals an. Die spektakulärste und größte Avance ist zugleich die, deren Ausgang noch unge- wiss ist: Die italienische Großbank Uni- credit nutzte im September einen Aktien- verkauf des Bundes, um sich reichlich mit Commerzbank-Titeln einzudecken. Der Staat war im Zuge der Finanzkrise 2008 bei der zweitgrößten deutschen Filialbank eingestiegen.Über Finanzinstrumente hebel- ten die Italiener später ihren Zugriff auf mehr als 20 Prozent der Anteile hoch. In Berlin und Frankfurt kam der Vorstoß aus Mailand nicht gut an.Die Bundesregie- rung gab sich überrumpelt und setzte wei- tere angedachte Verkäufe von Commerz- bank-Aktien aus der Bundesschatulle aus. Gewerkschaften und Unternehmen warn- ten vor einem massiven Stellenabbau und einer Schwächung des Finanzplatzes Frank- furt. Auch die Commerzbank selbst schal- tete auf Abwehr. Das Geldhaus tauschte vorzeitig den flügellahmen Vorstandschef Manfred Knof aus, dessen Vertrag 2025 aus- lief. Stattdessen rückte Finanzchefin Bettina Orlopp an die Institutsspitze. Unicredit-Chef Andrea Orcel hingegen gab sich gelassen. Eine Übernahme sei ein „langer Prozess“. Er betonte, dass die Uni- credit schlicht auch ein bedeutender Aktio- när bleiben oder ihre Aktien wieder ver- kaufen könne. Bevor der Wirbel um die Commerz- bank losbrach, hatten zwei andere Institute nach deutschen Geldhäusern gegriffen. So kündigte die französische Großbank BNP Paribas im September die Übernahme des Private Banking der HSBC Deutschland an.Die Franzosen wollen mit dem einst als Trinkaus & Burkhardt firmierenden Ge- schäft nach eigenem Bekunden zu einem der größten Anbieter im deutschen Markt für die Beratung vermögender Kunden auf- steigen. Das betreute Vermögen solle auf mehr als 40 Milliarden Euro klettern. Zersplittert, aber attraktiv Der deutsche Bankenmarkt sei zwar sehr wettbewerbsintensiv und zersplittert, räu- men die Franzosen ein. „Doch Fragmen- tierung stellt für ein internationales Haus wie BNP Paribas kein Hindernis dar“, sagte Lutz Diederichs, Deutschlandchef von BNP Paribas. Besonders im Rhein-Main- Gebiet sowie in Nordrhein-Westfalen stärke das Haus seine Präsenz. Alle 120 Mitarbei- ter der HSBC in dem Segment würden übernommen. Details zum Kaufpreis, kon- krete Ziele zu Geschäftszahlen oder Ein- sparungen nannten die Pariser nicht. » Deutschland ist nach wie vor der größte Markt. « Oliver Mihm, Investors Marketing Frisch verheiratet: Investoren aus anderen Nationen finden Gefallen an deutschen Kreditinstituten. Insbe- sondere im Private Banking sind die Käufer auf Brautschau – und wurden teils bereits fündig. BANK & FONDS Private Banking 416 fondsprofessionell.de 4/2024 FOTO: © ARCYD | STOCK.ADOBE.COM

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