FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

dern finanzierten Organisation unwürdig. Makler sollten weiter selbstbewusst das Wort „unabhängig“ verwenden. Sollten sie dabei von Verbraucherschützern angegan- gen werden, erhalten sie als AfW-Mitglieder Unterstützung. Wir werden darauf ange- messen reagieren. Regulierungsversuche gehen auch immer wieder von der Bafin aus, die zuletzt einige Anbieter von Fondspolicen untersucht hat und nun niedrigere Abschlussprovisionen und eine höhere Rendite verlangt – auch für frühzeitig kündigende Kunden. Darf die Finanzaufsicht überhaupt so stark in die Produkt- und Preispolitik der Anbieter ein- greifen? Für die Zielmarktdefinition einer Lebens- versicherung sind die Produktgeber verant- wortlich. Die Bafin will offenbar Kunden besserstellen, die schon frühzeitig kündi- gen. Damit würde ein neuer gesetzlicher Standard gesetzt, zu dem die Behörde gar nicht befugt wäre. Zudem hat der Gesetz- geber mit Stornohaftungszeiten und Rück- kaufswerten (nach Paragraf 169 VVG) be- reits Regelungen erlassen, die einzuhalten sind. Vermehrte Frühstornoquoten, wie von der Bafin beobachtet, deuten darauf hin, dass es zum Teil an qualifizierter Bera- tung hapert und am Zielmarkt des Pro- dukts vorbei vermittelt wird. Dem sollte die Bafin aufgrund ihrer Befugnisse nach Paragraf 48a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) im jeweiligen Einzelfall nachgehen. Wie sollte die Reform der privaten Alters- vorsorge aussehen, die ja durch das Aus der Ampel-Koalition zu scheitern droht? Nach dem Ende der Ampel setzen wir auf eine rasche Bildung einer stabilen neuen Regierung, denn Stabilität und Berechen- barkeit sind für die Finanzdienstleistungs- branche essenziell. Mit Blick auf die geför- derte private Altersvorsorge sehe ich die ak- tuellen Entwicklungen mit Sorge, denn es ist mehr als fraglich, ob es bis zur Amts- übernahme einer neuen Regierung über- haupt noch zu einer Umsetzung des Refe- rentenentwurfs kommen wird. Jede Re- form ist besser als keine, weil sonst weitere Jahre vertan wären. Mit dem Altersvorsor- gedepot würde eine renditestarke und fle- xible Alternative zu bisherigen Fördervari- anten geschaffen, die insbesondere jüngere Sparer anspricht. Gleichzeitig würden wei- terhin auch bewährte Produkte wie Leib- renten mit 100 oder 80 Prozent Kapital- garantie im Rahmen einer reformierten Rieser-Rente gefördert, was eine ausreichen- de Produktvielfalt sichert. Eine zentrale Idee war die flexiblere Ge- staltung der Auszahlungsphase – mit Op- tionen für Leibrenten oder Auszahlungsplä- nen bis zum 85. Lebensjahr. Das Angebot sollte ohne Beratung möglich sein. Was halten Sie davon? Das hätte den Bedürfnissen nach mehr Fle- xibilität in der Altersvorsorge Rechnung getragen. Aber den Vorschlag, dass Verbrau- cher Anlageentscheidungen beim vorgese- henen Referenzdepot ohne qualifizierte Be- ratung treffen können, halten wir für pro- blematisch. Der AfW wird sich auch bei der neuen Bundesregierung für verbindli- che Beratungsstandards einsetzen, um si- cherzustellen, dass Verbraucher über even- tuelle Risiken und die Chancen ihrer Wahl umfassend aufgeklärt werden, so wie es der Gesetzgeber erst vor einigen Jahren und aus gutem Grund eingeführt hat. Wir se- hen es zudem sehr kritisch, dass Selbständi- ge nicht einbezogen werden sollten, und adressieren dies auch künftig entsprechend. Vielen Dank für das Gespräch. DETLEF POHL FP KURZ-VITA: Norman Wirth Norman Wirth studierte in Berlin Rechtswissenschaften und anschließend Koreanistik und Politologie. 1998 gründete der heute 55-Jährige die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. Zuvor arbeitete Wirth in der Deutschen Botschaft in Seoul und einer kanadischen Anwaltskanzlei. Der Fachanwalt für Versicherungsrecht, Finanzwirt und geprüfte Datenschutz- beauftragte ist seit 2006 geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. » Die ideologische Borniertheit der Verbraucherschützer kennt kaum Grenzen. « Norman Wirth, AfW FOTO: © MARTIN PETERDAMM STEUER & RECHT Norman Wirth | AfW 434 fondsprofessionell.de 4/2024

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