FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

diesem Punkt eine Änderung vorzuneh- men. „Da das den Druck auf die Kommis- sion natürlich erhöht, halte ich es für recht wahrscheinlich, dass es dazu kommen wird“, sagt Fritz. Neben den drei ESAs haben auch die nationalen Aufsichtsbehörden und viele Branchenverbände Vorschläge für Ände- rungen der Offenlegungsverordnung prä- sentiert. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin etwa möchte eine dritte Kategorie für so- genannte Exklusionsprodukte einführen. Diese soll Finanzprodukten vorbehalten sein, für die Nachhaltigkeit zwar nicht im Vordergrund steht, die Investitionen in bestimmte Wirtschaftsaktivitäten, etwa in klimaschädliche, aber ausschließen (siehe Interview Seite 439). Präferenzabfrage anpassen Für eine dritte Kategorie macht sich auch der BVI stark. „Die EU-Behörden möchten ein sehr enges Kategorisierungs- system einführen, mit dem man aber nur einen kleinen Teil der Produkte mit Nach- haltigkeitsmerkmalen abdeckt“, sagt Magda- lena Kuper. „Daher brauchen wir eine drit- te Kategorie, die nicht primär auf eine po- sitive Wirkung im Sinne der Nachhaltig- keit zielt, sondern mit der Anleger zum Beispiel unerwünschte Wirtschaftssektoren ausschließen können“, erläutert sie. Eine weitere zentrale Forderung des BVI lautet, die Reform der Offenlegungsverord- nung nicht isoliert zu betrachten, sondern von Anfang an mit einer Überarbeitung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage (siehe Kasten unten) zu verknüpfen. „Wir müssen beides Hand in Hand vorantreiben und auf eine Rückkopplung zur Praxis achten“, findet Kuper. Gut wäre es zum Beispiel, Produktkategorien, die zur Diskussion ste- hen, im Vertrieb schon mal zu testen. „Die Kategorien sollten für den Anleger ver- ständlich sein und der Berater sollte sie ein- fach erklären können“, so die Expertin. Dass die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage überarbeitet werden muss, steht für Jurist Lange fest. „Schließlich rekurriert die Abfrage zu großen Teilen auf die geltende Offenlegungsverordnung“, sagt er. „Wenn etwa die Vorschläge der ESAs umgesetzt werden sollten, dann wäre das nicht ohne weiteres eine Offenlegungsverordnung 2.0., dann entstünde etwas konzeptionell Neu- es“, erklärt er. Etwas Neues, das hoffentlich weniger verwickelt ist. ANDREA MARTENS FP » Sollten die Vorschläge der ESAs umgesetzt werden, entstünde etwas Neues. « Markus Lange, Baker Tilly Was bisher gilt: Rechtliche Grundlagen und Definitionen EU-Offenlegungsverordnung: Die Ver- ordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offen- legungspflichten im Finanzdienstleistungssek- tor, kurz EU-Offenlegungsverordnung genannt, trat am 10. März 2021 in Kraft. Seither müssen Kapitalverwaltungsgesellschaften darüber infor- mieren, ob und, wenn ja, wie sie Nachhaltigkeit in ihren Produkten berücksichtigen. Nachhaltigkeitsrisiken und PAIs: Die Offenlegungsverordnung definiert die Begriffe Nachhaltigkeitsrisiken und nachteilige Auswirkun- gen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Ad- verse Impacts, PAIs). Nachhaltigkeitsrisiken sind Ereignisse oder Bedingungen im Bereich Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, deren Ein- treten den Wert einer Investition negativ beein- flussen kann. Unter Nachhaltigkeitsfaktoren sind Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämp- fung von Korruption und Bestechung zu ver- stehen. Der europäische Gesetzgeber hat 18 Standard-PAIs und Dutzende weitere Indika- toren definiert. Die Liste reicht von den Treib- hausgasemissionen über den Anteil gefähr- licher Abfälle bis hin zum „Gender Pay Gap“ in Unternehmen. Fondsdefinitionen: Die Offenlegungsver- ordnung sieht drei Artikel für die Einstufung von Fonds unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten vor. Artikel-8-Produkte fördern soziale und/oder öko- logische Merkmale und investieren auch in nach- haltige Anlagen. Es ist aber nicht unbedingt ihr erklärtes Ziel, nachhaltig anzulegen. Für Artikel- 9-Produkte hingegen stehen nachhaltige Investi- tionen imVordergrund. Solche Investitionen defi- niert die Offenlegungsverordnung als Anlagen in eine wirtschaftliche Tätigkeit, die zu einem öko- logischen oder sozialen Ziel beiträgt, vorausge- setzt, die Investition verletzt kein anderes ökolo- gisches oder soziales Ziel wesentlich. Zudem müssen sich die Firmen, in die investiert wird, durch eine gute Unternehmensführung auszeich- nen. Artikel-6-Produkte sind Fonds, für die nach- haltige Investments keine Rolle spielen. Taxonomie-Verordnung: Die Taxonomie etabliert ein EU-weit einheitliches System zur Ein- stufung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftsaktivi- täten. Im Vordergrund steht zunächst das E aus ESG, also der Bereich Umwelt. Dieser ist in sechs Unterziele untergliedert. Teile der Umwelt-Taxo- nomie sind erst seit Ende 2023 in Kraft. Nachhaltigkeitspräferenzabfrage: Die Neufassung der Delegierten Verordnung 2017/565 zur Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II entfaltet seit dem 2. August 2022 Wirkung. Sie schreibt die Abfrage und Berücksichtigung der Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern vor. STEUER & RECHT Offenlegungsverordnung 438 fondsprofessionell.de 4/2024 FOTO: © BAKER TILLY

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