FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

Thorsten Pötzsch | Bafin „Wir brauchen klare ESG -Regelungen“ Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht und Asset Management bei der Bafin, erklärt die Vorschläge seiner Behörde für eine Überarbeitung der EU-Offenlegungsverordnung. T horsten Pötzsch arbeitete kurz als Justiziar für RWE, bevor er 1994 in den Politikbetrieb wechselte. Über Statio- nen in mehreren Bundesministerien und imKanzleramt fand er 2018 denWeg zur Bafin. Seit 2021 leitet er die Wertpapier- aufsicht. Im Interview erklärt er, welche Änderungen an der Offenlegungsverord- nung seine Behörde für wichtig hält. Herr Pötzsch, Ziel der EU-Offenlegungs- verordnung ist es, für Anleger mehr Transparenz in Bezug auf nachhaltige Investments zu schaffen. Ist das Ihrer Einschätzung nach bisher gelungen? Thorsten Pötzsch: Wir verdanken es der europäischen Regulierung, dass wir zu ESG-Aspekten heute überhaupt Offen- legungspflichten haben. Damit hat der europäische Gesetzgeber einen vernünf- tigen und großen Schritt gemacht. Die EU-Offenlegungsverordnung will erstens Transparenz schaffen und Anleger da- durch in die Lage versetzen, gut informiert Entscheidungen zu treffen. Und zweitens soll sie auf diese Weise mehr Geld in die nachhaltige Transformation der Wirt- schaft lenken. Beides ist gelungen. Das klingt sehr positiv. Bei allen positiven Aspekten gibt es auch berechtigte Kritik am Regelwerk: Es wur- de in kurzer Zeit ein Dickicht an Regu- lierungsvorgaben geschaffen, das kaum noch jemand durchschaut. Im Zuge des Reviews gilt es, die Komplexität zu redu- zieren. Der Gesetzgeber sollte prüfen, ob alle Regelungen weiter so bestehen blei- ben müssen, wie sie jetzt sind. Kurz: Die Frage ist, wo Verbesserungen nötig und möglich sind. Genau dafür wird auf europäischer Ebene zurzeit ja auch nach Antworten gesucht. Auch die Bafin hat Vorschläge für Ände- rungen der Offenlegungsverordnung vor- gelegt. Könnten Sie diese skizzieren? Als wichtigstes Ziel haben wir in unserer Stellungnahme die Reduktion der Kom- plexität formuliert. Wir brauchen Rege- lungen, die verständlich sind – nicht nur für absolute Spezialisten, sondern auch für diejenigen, die sie anwenden müssen. Zum Beispiel für Anlageberater und Fondsvermittler. Ja, aber nicht nur. Auch Anleger müssen sie verstehen können.Wir raten dringend zu einfachen Produktkategorien. Welche wären das? Wir haben drei Kategorien vorgeschla- gen, die unserer Ansicht nach in Betracht kämen. Die erste wäre für nachhaltig in- vestierende Finanzprodukte vorgesehen, die zweite für Transformationsprodukte. Darunter würden etwa Fonds fallen, die in Unternehmen investieren, die sich auf denWeg von „Braun“zu „Grün“gemacht haben. Und in die dritte Kategorie ließen sich jene Finanzprodukte einstufen, die bestimmte Ausschlüsse vorsehen. Uns ist ganz wichtig zu wissen, ob das Ganze in der Praxis funktioniert. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Produktkategorien, bevor man sie einführt, umfassend – auch bei Verbrauchern – zu testen. Was sind weitere wichtige Punkte? Wir müssen genau definieren, was ein nachhaltiges Investment ist, und zwar für die gesamte ESG-Regulatorik. Gemeint ist hier vor allem die Konsistenz zwischen Offenlegungsverordnung und Taxono- mie, aber auch mit anderen Regelwerken. Zudem brauchen wir eine klare Regulie- rung. Ziel ist, den Aufwand zu reduzie- ren und die Transparenz zu erhöhen.Das meint auch, die Zahl der PAIs zu ver- ringern. Uns würden beispielsweise sechs Kennzahlen ausreichen. FP Thorsten Pötzsch, Bafin: „Es geht darum, den Aufwand zu reduzieren und die Transparenz zu erhöhen. Uns würden sechs PAIs ausreichen.“ Online weiterlesen: QR-Code scannen oder fponline.de/Bafin424 eingeben. fondsprofessionell.de 4/2024 439 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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