FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2024

D ie erste Reaktion der Aktienbörse auf die Wahl von Donald Trump zumUS-Präsiden- ten war Euphorie.Der Republikaner, so die These, ist gut für die Wirtschaft und vor allem für US- Unternehmen. Generell gehen derzeit wohl viele Beobachter davon aus, dass der Rückenwind für die Wall Street auch 2025 anhalten wird, und das ist keineswegs ausgeschlossen. Sicher ist es jedoch nicht. Der US-Börsenbrief Bravos Research erin- nerte in einemMitte November veröffentlichten Youtube-Beitrag daran, dass es in den letzten 100 Jahren dreimal in ähnlichen Konstellationen, wie wir sie heute se- hen, im Anschluss an Wahlen zu massiven Kursrückschlägen kam. Beispiel eins ist der Sieg des Republikaners Herbert Hoover 1928. Ein Jahr danach kam es an der Wall Street, die davor einen Anstieg auf historische Höchstkurse erlebt hatte, zum größten Rückschlag der Börsengeschichte, das Jahrzehnt danach war gekennzeichnet von der Weltwirtschaftskrise. Ebenfalls als warnendes Beispiel dient der Wahlsieg von Richard Nixon 1972. Kurz nach der Wahl des Republikaners kam es zu einem Absturz des S&P 500, von dem sich der Index erst acht Jahre später erholte, die 1970er-Jahre waren gekennzeichnet von Inflation, Staatsverschuldung und Konjunktur- schwäche. Im November 2000 wurde mit George W. Bush erneut ein Republikaner Präsident. Auch damals lag ein sehr gutes Jahr- zehnt hinter den Börsen, und erneut sah man danach eine ertrag- lose Dekade. Bravos Research betont, dass es eine Vielzahl von Präsidentschaftswahlen gab, die nicht von einer langjährigen Baisse begleitet wurden. Daher stellte man sich die Frage, ob es echte Anzeichen für einen Kollaps gibt. Ein mögliches Warnsignal stellt die Verbraucherstimmung dar.Der Consumer Sentiment Index der University of Michigan ist angesichts der eher günstigen Wirt- schaftsdaten in den USA erstaunlich schlecht. Ähnlich tiefe Werte, wie wir sie derzeit sehen, gab es zuletzt nur in der Finanzkrise des Jahres 2008 und in den stagflationsgeplagten 1970er-Jahren. Auch in der nach wie vor bestehenden inversen Zinsstrukturkurve (kurzfristige Zinsen sind hö- her als langfristige) sehen die Amerikaner ein Warnsignal, Trump selbst sprach in seinemWahl- kampf davon, dass er im Fall eines Sieges der De- mokraten eine Wirtschaftskrise erwarte. Bravos Research stellt die berechtigte Frage, ob der neu gewählte Präsident eine solche Krise überhaupt abwenden könne, wenn sie sich schon dermaßen klar abzeichne, und erinnert daran, dass auch Herbert Hoover seinerzeit Steuersenkungen durchführte, was den Markt zwar ein Jahr lang weiter steigen ließ, die nachfol- gende Katastrophe jedoch nicht verhindern konnte. Auch Nixon und Bush Jr. waren Verfechter der freien Marktwirtschaft und nied- riger Steuern. Die Conclusio: US-Präsidenten haben weniger Ein- fluss auf Börsen- und Wirtschaftszyklen, als man annehmen könn- te. Breite Diversifikation bleibt somit unverzichtbar. Die Vorbereitungen für den FONDS professionell KONGRESS 2025 laufen auf Hochtouren, und wir hoffen, dass Sie wieder die Chance wahrnehmen, sich mit Produktanbietern, Fondsmanagern und Branchenkollegen über dieses und viele andere Themen aus- zutauschen. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Wie sicher sind Trump-Trades? Die Geschichte lehrt uns, dass ein unter- nehmerfreundlicher US-Präsident leider kein Garant für eine günstige Börsen- entwicklung ist. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.de 4/2024 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN

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