FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Unwegsames Gelände Zu viele Regeln, zu wenig Klarheit, zu schwache Performance: Zuletzt floss viel Geld aus Nachhaltigkeitsfonds ab. Weniger regulatorische Verwirrung könnte zumindest teilweise helfen. N achhaltige Fonds stehen derzeit gehö- rig unter Druck – und das gleich aus mehreren Gründen. Zum einen beschäfti- gen seit Jahren nicht etwa Themen wie die Energiewende die Börsen, vielmehr treibt nach dem zwischenzeitlichen Comeback der Öl- und Versorgeraktien vor allem die Euphorie rund um die künstliche Intel- ligenz die Kurse. Die Performance vieler Nachhaltigkeitsstrategien blieb dagegen weit zurück. Zum anderen kämpfen Fi- nanzberater und Anleger mit Beratungs- anforderungen, Unklarheiten und zusätz- lichem Aufwand. Neue Initiativen könn- ten helfen: Nachbesserungen am Regel- werk und eine bessere Datenlage sollen den nachhaltigen Fonds doch noch zum Durchbruch verhelfen. Mehr Popularität wäre dringend nötig, denn das Mittelaufkommen von Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen glich zu- letzt einem Debakel: „Hellgrüne“ Fonds, die Artikel 8 der EU-Offenlegungsverord- nung erfüllen, leiden seit Anfang 2022 un- ter Abflüssen – im vierten Quartal 2023 zogen Anleger mit 26,7 Milliarden Euro unterm Strich so viel Geld aus den Produk- ten ab wie noch nie. Erstmals ging auch das Nettomittelaufkommen der „dunkel- grünen“Artikel-9-Fonds mit 4,7 Milliarden Euro deutlich ins Minus. Zuflüsse von 15,7 Milliarden Euro erzielten dagegen die Arti- kel-6-Fonds, die nicht explizit ESG-Merk- male berücksichtigen. Nur wegen der Hochstufung von mehr als 200 Fonds von Artikel 6 auf Artikel 8 konnten die Artikel- 8-Fonds ihren Anteil am gesamten Fonds- volumen zuletzt weiter ausbauen. Hortense Bioy, Leiterin des globalen Nachhaltigkeitsresearch bei Morningstar, sieht gleich mehrere Ursachen für den Ab- satzeinbruch. Zum einen treibt das Zins- hoch Anleger noch immer in traditionelle Rentenfonds. Gerade bei Staatsanleihen sind ESG-Aspekte aber schwer zu integrie- ren – die Fonds rangieren daher oft unter Artikel 6. Dazu belastet die marktbedingt schwache Performance vieler Aktienfonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit das Interesse der Anleger an entsprechenden Strategien. Als dritten Faktor nennt die Morningstar- Expertin die Greenwashing-Bedenken sowie die Verwirrung unter Anlegern und Beratern infolge des sich verändernden regulatorischen Umfelds. Kommission will nachbessern Dafür macht Hadewych Kuiper, Ge- schäftsführerin von Triodos Investment Management, auch Schwachstellen in der Offenlegungsverordnung (SFDR) verant- wortlich. „Die derzeitige SFDR-Klassifizie- rung bietet keine Klarheit und Vergleich- barkeit für Investoren, insbesondere nicht für Kleinanleger“, kritisiert sie. Auch die Dokumentation und Informationen auf den Produktwebseiten der Asset Manager würden in der Praxis kaum gelesen und » Die derzeitige Klassifizierung bietet keine Klarheit und Vergleichbarkeit. « Hadewych Kuiper, Triodos IM Wer sich im Gestrüpp der ESG-Regu- lierung zurechtzufinden versucht, wähnt sich mitunter im Dschungel. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum die Nachfrage nach Öko- und Ethikfonds abgenommen hat. MARKT & STRATEGIE Nachhaltigkeitsfonds 110 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © QUICKSHOOTING | STOCK.ADOBE.COM

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