FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Fenster für die Unternehmen öffnen, um ihre Schulden zu refinanzieren.Die Ausfall- raten verharren ebenfalls auf dem üblichen Niveau. Wir denken auch nicht, dass sie spürbar steigen werden. Der High-Yield- Markt ist heute auch qualitativ hochwerti- ger als in der Vergangenheit, da Schocks wie die Pandemie viele der schwächsten Unternehmen verdrängt haben. Die Unter- nehmen, die heute im Markt aktiv sind, weisen im Durchschnitt robuste Funda- mentaldaten für Anleihen auf. Bereits zu Jahresbeginn scheint es wieder verstärkt zu Anleihenemissionen gekom- men zu sein. Sollten die Unternehmen nicht besser bis Jahresende warten, um Schul- den zu niedrigeren Zinsniveaus aufnehmen zu können? Dabei dürfte es sich um ein saisonales Phä- nomen handeln. Bestimmte Emittenten kommen zu Jahresbeginn auf den Markt, insbesondere Banken. Ich denke eher, dass viele Unternehmen im vergangenen Jahr ihre Refinanzierung aufgeschoben haben. Sie warten, bis sich im Jahresverlauf ein Fenster öffnet, um zu günstigeren Kondi- tionen an Geld zu gelangen. Die Risiken der Zinswende sind also ver- kraftbar? Durchaus. Viele Beobachter sprechen nur über die Schattenseiten der Zinswende. Doch sie hat auch eine gute Seite: Anleger können endlich wieder höhere Renditen erzielen. Das gilt sogar für Staatsanleihen. Genau, Staatsanleihen spielen wieder eine wichtige Rolle in einem Portfolio. Ihre Renditen können wieder das leisten, was sie sollten: das Abwärtsrisiko abfedern, das schwankungsstärkeren Anlagen wie Aktien entspringt. In den vergangenen Jahren war dies nicht möglich, weil es nicht mehr viel Spielraum nach unten gab.Den Beweis da- für haben wir imMärz vergangenen Jahres im Zuge der US-Regionalbankenkrise ge- sehen, als die Rendite der zweijährigen US- Staatsanleihen den stärksten Rückgang an einem einzigen Tag sei 1982 verzeichnete – entsprechend hoch fiel der Kursgewinn der Papiere aus.Der Renditerückgang über- traf den während der globalen Finanzkrise 2008 ebenso wie den der Euro-Schulden- krise oder der Corona-Pandemie. Denn es gibt wieder diesen Spielraum nach unten. Das hat gezeigt, dass Staatsanleihen einen Puffer für ein Portfolio bieten können. Mir schien, Sie gehen von einer weichen Landung der Wirtschaft aus und nicht von einer harten Rezession. Braucht es denn in diesem Szenario überhaupt große Sicher- heitsnetze? Ja, eine weiche Landung ist unser Basissze- nario. Doch es kann natürlich auch ganz anders kommen, es gibt so viele Unwägbar- keiten. Die Schutzwirkung von Anleihen wurde bis vor der Zinswende unter ande- rem dadurch abgeschwächt, dass sie eine positive Korrelation mit Aktien aufwiesen. Wie kam es denn zu dieser positiven Kor- relation? Weil es einen Inflations- und einen geo- politischen Schock gab. Jetzt bewegen wir uns in einer Welt, in der eher Wachstums- risiken vorherrschen. Und in dieser Welt wird sich die Korrelation zwischen Anlei- hen und Aktien wieder normalisieren, also negativ sein. Trüben sich angesichts der Zinssenkungen, die Sie für dieses Jahr erwarten, auf mitt- lere Sicht die guten Aussichten für Anlei- hen ein? Aus Sicht eines aktiven Managers bietet sich derzeit viel Potenzial, eine Mehrrendite zu erzielen. Denn die Notenbanken rund um den Globus werden die Leitsätze in einem voneinander abweichenden Zeit- rahmen und in unterschiedlichem Tempo senken. Wir kamen aus einem Umfeld, in dem die Geldpolitik überall auf der Welt » Viele sprechen über die Schattenseiten der Zinswende. Doch sie hat auch eine gute Seite. « Gurpreet Gill, Goldman Sachs AM FOTO: © NIKOLA HAUBNER MARKT & STRATEGIE Gurpreet Gill | Goldman Sachs Asset Management 120 fondsprofessionell.de 1/2024

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=