FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Und oft geht deren Wirtschafts- und Bör- senentwicklung diametral auseinander: So hat etwa im vergangenen Jahr Kasachstans Börse um rund 44 Prozent zugelegt, am anderen Ende des Spektrums liegt Kenia mit minus 47 Prozent (siehe Grafik unten). Selektion ist entscheidend: „Es geht darum, die Ineffizienzen zu erkennen und in Gewinne umzuwandeln“, so Böttcher. Das Anlagesegment weist gegenüber den eta- blierten Schwellenländern eine deutlich höhere Volatilität auf. Allerdings ist die Korrelation zu den üblichen Assetklassen gering: Die Märkte bieten damit deutliches Diversifizierungspotenzial. Risikoaverse institutionelle Großinvesto- ren wie Pensionskassen oder Versicherun- gen sind hier kaum aktiv. Sie steigen meist erst dann ein, wenn ein Land in einen der großen Emerging-Markets-Indizes aufge- nommen wird. Dann ziehen die Kurse oft kräftig an. „Die Vorteile des Aufstiegs kann man gut an Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Pakistan und Kuwait nachverfolgen“, erklärt Emre Akcak- mak, Leiter Frontier Markets bei East Capi- tal. Mit den aussichtsreichsten Frontier Markets positionieren sich Anleger, um vom Aufstieg zu profitieren. Vor den Großinvestoren „Wir sind da, lange bevor die großen institutionellen Investo- ren einsteigen“, sagt Magna- Manager Böttcher. Wie andere Fondsmanager geht auch er flexibel vor. Zuletzt hatte er bei- spielsweise 15 Prozent seines Portfolios in Aktien aus Grie- chenland investiert, das MSCI als Emerging Market klassifi- ziert. Eingestiegen war er 2020: „Am griechischen Markt waren damals außer uns nur ein paar andere Spezialisten und Hedge- fonds unterwegs“, erklärt Bött- cher. Inzwischen kehren die großen institutionellen Anleger zurück – allein 2023 legten die griechi- schen Aktienkurse um fast 50 Prozent zu. Auch Saudi-Arabien ist zwar seit Jahren kein Frontier Market mehr, dennoch ha- ben viele Fonds dieses Anlagesegments das Land noch hoch gewichtet, so etwa Ramzi Sidani in seinem HSBC Frontier Markets mit zuletzt mehr als 13 Prozent. Die Favoriten wechseln häufig. „Beson- ders Vietnam und Rumänien zählen zu den aussichtreichsten Kandidaten einer Emerging-Markets-Index-Inklusion“, sagt Akcakmak. Beide Länder erzielen seiner Meinung nach erhebliche Fortschritte, was die Entwicklung ihrer Aktienmärkte anbe- langt. Vietnam ist mit rund 28 Prozent das Land mit dem größten Indexgewicht im MSCI Frontier Markets Index. Zu den Aktienschwergewichten im Index und auch in den meisten Portfolios gehören der kasachische Zahlungsabwicklungsspezialist Kaspi, die Banca Transilvania aus Rumä- nien und der vietnamische Mischkonzern Hòa Phát. Mit Blick auf ESG-Aspekte stellen die Märkte Anleger jedoch oft vor Herausfor- derungen, etwa was die sozioökonomi- schen Strukturen oder die regulatorischen Rahmenbedingungen betrifft. „Engage- ment hat dabei Vorrang vor Exklusion“, sagt East-Capital-Portfoliomanager Akcak- mak. „Wir sehen immer wieder, wie ein aktiver Dialog und die Zusammenarbeit mit Unternehmen ESG-Praktiken Schritt für Schritt verbessern können, gerade wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit, Aktio- närsbeschlüsse und kollektive Maßnahmen der Anleger geht.“Die Fortschritte bemerkt auch Böttcher, etwa wenn er in Saudi-Arabien von einer Taxi- fahrerin chauffiert wird oder wenn eine Firma ihrer Investo- renpräsentation wieder einmal mehrere Seiten über ESG vor- anstellt. Ein echtes Risiko für Investo- ren bleibt jedoch: Die Liquidi- tät kann aufgrund der gering kapitalisierten Märkte rasch austrocknen. So etwa in Viet- nam 2008: Nach einem enor- men Börsenhype in den Vor- jahren mit vielen ausländi- Enorme Unterschiede Ausgewählte Frontier-Markets-Indizes Mehr als 40 Prozent Gewinn? Oder über 40 Prozent Verlust? An den Frontier-Markets-Börsen war im vergangenen Jahr beides möglich. Quelle:MSCI -40% -20% 0% 20% 40% Kenia Pakistan Bangladesch Vietnam MSCI Frontier Markets Rumänien Kasachstan Performance 2023 auf USD-Basis 43,9 % 42,2 % 11,6 % 5,9 % -4,2 % -7,3 % -46,6 % » Wir sind da, lange bevor die großen institutionellen Investoren einsteigen. « Stefan Böttcher, Fiera Capital MARKT & STRATEGIE Frontier Markets 150 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © FIERA CAPITAL

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