FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

sagen: Wenn eine Firma wie Volkswagen oder die energieintensive Industrie nicht mehr wettbewerbsfähig sind, verschwinden die eben. Damit macht man es sich zu ein- fach: Man muss auch eine Vision haben, wie der Wandel abläuft und wie Neues entsteht. Und wenn das Neue überall auf der Welt von Staaten gefördert wird, kann man nicht still dasitzen und zuschauen. Der Weg zu einer modernen und digitalen Wirtschaft gelingt nicht von allein. Allein der Übergang zur Klimaneutralität kostet Deutschland viele Milliarden Euro. Ist die Klimatransformation eine Belastung oder eine Chance? Das gesamte Transformationsprojekt ist eine sehr produktive Investition in die Zukunft. Im Ergebnis werden wir in zehn oder 15 Jahren nicht mehr darauf angewie- sen sein, unsere Energie von politisch frag- würdigen Öl- und Gaslieferanten zu bezie- hen, sondern wir erzeugen sie selbst aus erneuerbaren Quellen. Wenn man über- legt, wie viel wir dadurch sparen, ist das volkswirtschaftlich ein super Investment für Deutschland. Für welche Ausgaben sollte sich der Staat imHinblick auf die Belastung für die nach- folgende Generation verschulden? Für alles, was die Transformation begüns- tigt – und das am besten in einem euro- päischen Rahmen wie einem Energiebin- nenmarkt. Was wir an erneuerbaren Ener- gien brauchen, kann ja auch aus anderen europäischen Ländern kommen. Denken Sie mal an Spaniens Solarpotenzial mit riesigen freien Flächen und viel mehr Son- nenschein als in Deutschland. Ein europäi- scher Energiebinnenmarkt mit europäi- scher Förderung wäre sehr viel effizienter als rein nationale Programme.Dasselbe gilt für E-Mobilität. Inwiefern? Auch chinesische E-Autohersteller sind ja nicht nur deshalb so erfolgreich, weil sie so gut sind, sondern weil sie vom Staat un- heimlich gepäppelt wurden.Und jetzt kon- kurrieren diese massiv durch staatliche Unterstützung groß gewordenen Unter- nehmen mit VW, BMW oder Audi, die aus eigener Kraft wachsen mussten. Die euro- päische Dimension ist daher ganz wichtig. Die EU-Kommission geht da mit dem Chip-Gesetz und strategischen Förderpro- grammen in die richtige Richtung. Trotz klammer Kassenmöchte die Bundes- regierung die Verschuldungsvorgaben des Grundgesetzes einhalten. Ist die Schulden- bremse in der Tat eineWachstumsbremse? Schon bei der Einführung der Schulden- bremse 2009 habe ich mit anderen Öko- nomen in einem Memorandum an die Politik gegen diesen rigiden Automatismus » Das Mantra der daten- basierten Geldpolitik unter Christine Lagarde führt dazu, dass man erst reagiert, wenn es schon fast zu spät ist. « Peter Bofinger, Universität Würzburg FOTO: © NIKOLA HAUBNER fondsprofessionell.de 1/2024 155

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