FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Das neue „Normal“ bei den Zinsen dürfte deutlich höher liegen, als das im Schnitt der vergangenen fünf bis zehn Jahre der Fall war. Speziell für ausgewogene Portfolios ist das laut Johannes Mayr , Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz , eine überaus positive Botschaft. W enn es nach Johannes Mayr geht, dann liegt bei der Inflation das Schlimmste hinter uns. Laut dem Chef- ökonomen des Münchner Vermögensver- walters Eyb & Wallwitz befindet sich die Teuerungsrate weiter auf dem Rückzug, der allerdings nur zäh und sehr viel langsa- mer verlaufen wird, als es viele Marktakteu- re immer noch erwarten. Herr Dr. Mayr, wesentlich für Investoren ist immer der Blick nach vorn. Was sind aus Ihrer Sicht wesentliche Aspekte, die dabei zu berücksichtigen sind? Johannes Mayr: Auffällig ist die enorme Di- vergenz zwischen einem unter politischen und gesellschaftlichen Aspekten überaus skeptischen Stimmungsbild auf der einen Seite und Finanzmärkten andererseits, die sich global fast überall auf einem Allzeit- hoch bewegen. Das lässt meiner Ansicht nach den Schluss zu: Die Lage ist unter einem rein makroökonomischen Gesichts- punkt nicht so schlecht, wie sie auf Seiten von Politik und Gesellschaft gesehen wird, wo sich die Zustimmung zu Parteien und Regierungen und das Vertrauen in Institu- tionen auf einem enorm niedrigen Niveau befinden, nicht nur in Deutschland, in den USA ist das noch viel ausgeprägter. Was leiten Sie daraus ab? Die wirtschaftliche Entwicklung signalisiert uns insgesamt ein Umfeld, das ein durch- aus konstruktives Bild für den Fortgang an den Finanzmärkten und für viele Asset- klassen zulässt. Außerdem sollten wir eines nicht vergessen: Der Zins ist zurück.Das ist gerade für ausgewogene Portfolios eine sehr wichtige Botschaft im positiven Sinne. Zumal nicht zu erwarten ist, dass wir kurz- fristig wieder ein Zinsniveau von null oder gar Negativzinsen sehen werden, sondern ein etwas höheres als in den letzten fünf bis zehn Jahren. Gleichzeitig liegt das no- minale Wirtschaftswachstum in den USA immer noch bei etwa fünf Prozent. Und auch wenn dieser Wert für Europa mit rund drei Prozent etwas niedriger ausfällt, deutet das nicht darauf hin, dass wir mit einer tiefen Rezession rechnen müssten … … die sich aber auf Deutschland bezogen bei einer laut Jahreswirtschaftsbericht real nur um0,2 Prozent wachsendenWirtschaft nicht vollkommen ausschließen lässt. Ich gebe Ihnen recht, würde das aber inso- fern etwas relativieren, als Deutschland sich mit 0,2 Prozent recht nah an seinem normalen Wachstumstempo befindet. Die Volkswirtschaftslehre stellt sich ja immer die Frage, was die Wirtschaft unter nor- malen Bedingungen leisten kann, und be- trachtet dabei die großen Treiber dieses normalen Wachstums wie die demografi- sche Entwicklung, den Produktivitätsfort- schritt und die Kapitalausstattung.Das sind sehr träge Größen, bei denen Deutschland über die letzten Jahre immer mehr den Anschluss verloren hat. Wir haben eben nur noch ein normales oder durchschnitt- liches Wachstum von etwa einem halben Prozent pro Jahr. Und wenn die monetä- ren Konditionen wie aktuell etwas straffer sind, dann gerät man halt schnell an die „Diesmal wird die EZB den ersten Zinsschritt machen“ » Eine Rückkehr zu einem Niedrigzinsniveau ist kurzfristig nicht zu erwarten. « Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz MARKT & STRATEGIE Johannes Mayr | Eyb & Wallwitz 160 fondsprofessionell.de 1/2024

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