FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Welther: Windenergieanlagen wurden frü- her mit einem Fremdkapitalhebel von 80 Prozent und mehr finanziert. Das hat sich zwar schon mit Einführung des KAGB geändert, aber wie wirkt sich die Zins- wende nun aus? Busboom: Einerseits setzen wir nicht mehr so viel Fremdkapital ein wie früher. Ande- rerseits sind die Zinserhöhungen bei den schon laufenden Projekten kein Problem, weil die Zinsen über die gesamte Kredit- laufzeit festgeschrieben sind. Und in der Regel muss das Darlehen anders als bei Immobilien zum Ende der Laufzeit getilgt sein. Ich bin sogar positiv gestimmt, weil durch die gestiegenen Zinsen wieder mehr Angebot in den Markt gekommen ist. Denn die Projektierer können nicht mehr so viel im Eigenbestand halten, weil die Banken nicht mehr so hoch finanzieren. Dadurch hat Eigenkapital im Bereich der erneuerbaren Energien wieder einen Wert bekommen, den es jahrelang nicht hatte. Welther: Welche Rolle spielt Fremdkapital imHause Solvium Capital? André Wreth, Solvium: Das Thema hat ver- schiedene Perspektiven. Wir arbeiten auf Produktebene komplett ohne Fremdkapi- tal. Insofern könnte ich sagen, dass uns die Zinswende nicht betrifft. Allerdings hat sich auf Assetebene etwas getan: Große Investoren wie zum Beispiel amerikanische Pensionskassen, die die Leasinggeschäfte von Maersk und Co. finanziert haben, zie- hen sich zurück und gehen in Anleihen mit überschaubarem Risiko. Aus diesem Grund besteht enormer Finanzierungs- bedarf, und eigenkapitalstarke Investoren haben jetzt bessere Möglichkeiten, Assets zu kaufen oder zumindest Leasingangebo- te zu machen. Aber natürlich beobachten wir, ob die Bonität unserer mehr als 400 Mieter unter den Auswirkungen der Zins- steigerungen leidet. Welther: Wie reagieren Ihre Anleger darauf, dass es bei Banken wieder nennenswerte Guthabenzinsen gibt? Wreth: Hier ist Aufklärungsarbeit gefragt. Denn Anleger, die ihr Geld nur für ein Jahr anlegen möchten, sind bei uns nicht gut aufgehoben. Alexander Endlweber: Wie haben sich die gestiegenen Zinsen auf die Bau- und Ver- kaufspreise und auf die Leasingraten beim Logistik-Equipment ausgewirkt? Wreth: Bei den Containern sind die Preis- steigerungen übersichtlich, aber imWech- selkoffermarkt stiegen die Neubaupreise um zehn bis 15 Prozent. Bei Schienen- güterwagen und Lokomotiven sehen wir deutliche Preisanstiege beim gebrauchten Equipment, weil es kaum neue Fahrzeuge gibt. Die Wartezeit für neue Lokomotiven etwa von Siemens beträgt mehrere Jahre. Welther: Frau Henker, inwieweit betrachten Sie bei Ihrer Produktprüfung die von Herrn Wreth angesprochenen verschiedenen Perspektiven? Angelika Henker, Capa: Aus Sicht des Anle- gers ist wichtig, wie viel Fremdkapital in Produkten steckt, das er als besonderes Risiko betrachtet. Schieflagen haben wir in den vergangenen Jahren häufiger gesehen, und die Schuld wurde oft den hohen Fremdkapitalquoten gegeben. Dass das etwas komplexer ist, ist uns allen klar. Der Verbraucher sieht aber nur einen riesigen Kreditberg, der getilgt werden muss, und seine eigenen Felle davonschwimmen.Des- halb werden hohe Fremdkapitalquoten von Anlegern nicht gut angenommen. Welther: Fremdkapital wird auf verschiede- nen Ebenen eingesetzt. Bis in welche Tiefe sehen Sie sich die Finanzierung an? Henker: Die Finanzierungsstruktur muss transparent sein. Wenn ich nicht den Ein- » Wir sind aufgerufen, dem Kunden ein gutes Portfolio zusammen- zustellen. « Angelika Henker, Capa KURZ-VITA: Angelika Henker Angelika Henker ist Gründerin und Vorständin der Finanzie- rungsberatungsfirma Capa. Zudem führt die frühere B-Group- Partnerin mit einer Kollegin eine Immobilienagentur. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH fondsprofessionell.de 1/2024 195

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