FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

verfahren zu bauen. Da bietet sich eher ein Verkauf an. Dafür müssen bestehende Kaufverträge mit Wohnungskäufern rück- abgewickelt werden. Der Verkaufserlös kann dann – nach Abzug der Kosten und Abschluss des Insolvenzverfahrens für die jeweilige Projektgesellschaft – an die Fonds- gesellschaften ausgezahlt werden. Andere Projekte sind demgegenüber in der Ent- wicklung schon sehr weit fortgeschritten. Bei denen fehlt nicht mehr viel bis zur Fer- tigstellung. Bei diesen Projekten ergibt die Fertigstellung im Insolvenzverfahren auch keinen Sinn. Wenn zum Beispiel noch Kaufpreisraten in Höhe von einer Million Euro offen sind, für die Fertigstellung müssten aber noch 950.000 Euro aufge- wandt werden, ste- hen Aufwand und Risiko in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag. In diesen Fällen muss die Woh- nungseigentümer- gemeinschaft die Projekte selbst fertig bauen. Wir werden aber auch hier die Käufer nicht im Regen stehen lassen, sondern die Voraussetzungen für eine Fertigstellung des Objekts durch die Eigentümergemein- schaft schaffen, indem wir ihnen alle Unterlagen überlas- sen, die sie für den Fertigbau in Eigenregie benötigen. Und Projekte, bei denen der Bautenstand so auf halbemWege ist? Das sind die schwierigsten, denn nicht je- des steckengebliebene Bauvorhaben kann mit derselben Maßnahme bestmöglich ver- wertet werden. Wir schauen uns also bei jedem einzelnen Projekt an, ob seine Eck- daten es hergeben, ein Verfahren zu eröff- nen und das Objekt fertigzustellen.Die ent- scheidenden Fragen dabei lauten: Sind die noch offenen Kaufpreise in Summe vor- aussichtlich größer als die Kosten der Fer- tigstellung? Und stehen dem Projekt noch genügend Mittel zur Verfügung, um das umzusetzen? Wann immer es wirtschaftlich sinnvoll und organisatorisch vertretbar ist, bauen wir die Objekte zu Ende, weil dies im Interesse der Käufer und auch der Anleger ist. Dabei beauftragen wir in der Regel Generalunternehmer, um die Fertig- stellungsrisiken zu reduzieren.Nach aktuel- lem Stand werden wir einen großen Teil der steckengebliebenen Projekte in Zusam- menarbeit mit einem Generalunterneh- men fertigstellen. BeimVerkauf der anderen Projektemüsste Ihnen eigentlich die voraussichtliche Ent- wicklung der Immobilienmärkte in die Hän- de spielen. Angeblich geht der Markt langsam auf eine Talsohle zu und tritt möglicherweise in eine Phase der Erholung ein. Ich kann als Insolvenzverwalter aber nicht abwarten und auf einen steigenden Markt spekulie- ren.Wir agieren im aktuellen Marktumfeld und schauen, dass wir darin das für die Gläubiger, Käufer und Anleger beste Ergeb- nis erzielen. In welcher Größenordnung bewegen sich die Angebote, die Sie bekommen? Die Kaufpreise, die uns ange- boten werden, bewegen sich auf dem Niveau von Mitte 2022 ab- züglich 30 bis 40 Pro- zent. Wir haben je- doch auch Projekte, die wir – und zwar durchaus aussichts- reich – in der Grö- ßenordnung ver- handeln, in der Project damals gekauft hat. Vielen Dank für das Gespräch. T. WELTHER FP » Ich kann als Insolvenz- verwalter nicht abwarten und auf einen stei- genden Markt spekulieren. « Volker Böhm, Schultze & Braun KURZ-VITA: Volker Böhm Volker Böhm ist Fachanwalt für Insol- venzrecht und Partner der Kanzlei Schultze & Braun, die auf Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz von Unternehmen spezialisiert ist. Böhm hat einen Lehrauftrag im Masterstu- diengang Unternehmensrestruktu- rierung und Insolvenzmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. FOTO: © SCHULTZE & BRAUN fondsprofessionell.de 1/2024 227

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