FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

das Pflegeunterstützungs- und -Ent- lastungsgesetz zeigen: Perfektionis- mus ist der Feind des Guten. Ak- tuell steht das vierte Bürokratieent- lastungsgesetz auf der Agenda, auch dort wird die Chance zur Entbüro- kratisierung in der bAV vertan. Die Einrichtungen der bAV berichten, dokumentieren und informieren sich noch zu Tode. Das alles ver- schlingt Unsummen, letztlich zu- lasten der Versorgungsberechtigten. Welche Impulse hat denn das Betriebsrentenstärkungsgesetz von 2018 aus Ihrer Sicht gebracht? Das Gesetz wird immer mit dem SPM und der reinen Beitragszusage in Verbindung gebracht. Die wich- tige Erkenntnis dabei ist, dass auch jenseits von Garantien Sicherheit in der Altersversorgung geschaffen werden kann. Aber andere Impulse haben schneller eine große Wir- kung entfaltet. Der Grundsicherungsfreibe- trag etwa stellt sicher, dass sich Betriebsren- ten auch für diejenigen lohnen, die befürch- ten, im Alter in die Grundsicherung zu fal- len. Das hat eine enorme psychologische Wirkung. Ein wichtiges Signal ging auch von der Erweiterung des steuerlichen Dotie- rungsrahmens von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze aus, auch wenn es an der sozialversicherungsrechtlichen Flankierung fehlt. Bei der Riester-bAV ist die Doppelverbeitragung entfallen und damit eine Ungleichbehandlung zu den privaten Verträgen. Auch der obligatorische Arbeitgeberzuschuss von bis zu 15 Prozent des umgewandelten Entgelts hat sich für die Arbeitnehmer positiv ausgewirkt. Last but not least: Die Einführung der Gering- verdienerförderung nach Paragraf 100 Ein- kommensteuergesetz hat den Ausbau der bAV bei Geringverdienern beschleunigt. Mehr als 80.000 Unternehmer nutzen die- sen Weg, um Betriebsrenten für über eine Million Arbeitnehmer aufzubauen. Warum gibt es bislang so wenige Sozial- partnermodelle? Dafür gibt es eine ganze Reihe von Grün- den. Da wäre der Tarifvorbehalt an sich, unter dem die Modelle stehen. Solche Tarifverträge fallen nicht vom Himmel. Zunächst einmal muss bei den Sozialpart- nern die Erkenntnis reifen, dass auch ohne Garantien eine kapitalgedeckte Altersver- sorgung sicher ausgestaltet werden kann und dass über intelligente Pufferlösungen die Renten geglättet werden können, und zwar auf höherem Niveau als mit Garan- tien.Diese Erkenntnis gilt es dann den Mit- gliedern zu vermitteln, um von denen das Mandat zu erhalten, einen SPM-Tarifvertrag abzuschließen.Der ganze Prozess ist keines- falls trivial, zumal das Versorgungswerk ja von der Bafin zugelassen werden muss. Ist die Entscheidung des IG-Metall-Gewerk- schaftstages gegen das SPM wirklich nur eine kommunikative Herausforderung? Oder sitzt der Argwohn der Gewerkschaf- ten gegen Modelle ohne Garantie tiefer? Auf demGewerkschaftstag prägten Ängste vor kapitalgedeckter Alters- versorgung und eine völlige Fehl- einschätzung der Kosten-Nutzen- Relation von Garantien die Dis- kussion. Leider lag damals der exzellente Abschlussbericht zum geplanten Metall-SPM in Baden- Württemberg noch nicht vor, der laut IG Metall Südwest nachweist, dass ein SPM bereits bei einem Kollektiv von 50.000 Versicherten wertstabiler ist als arbeitsrechtliche Zusagen mit Garantien. Wann kommt die Öffnung der So- zialpartnermodelle für nicht tarif- gebundene Dritte? Das weiß ich nicht. Aktuell wird diskutiert, ob man von der Ein- schlägigkeit im engen tarifrechtli- chen Sinn ablässt und das SPM grundsätzlich für all diejenigen zugänglich macht, die in den satzungsmäßigen Orga- nisationsbereich eines der beteiligten So- zialpartner fallen. Das würde zum Beispiel bei einem SPM, bei dem auch Verdi be- teiligt ist, bedeuten, dass potenzielle Verdi- Mitglieder etwa aus den Bereichen Handel oder Pflege dieses SPM nutzen könnten – vorausgesetzt, die beteiligten Sozialpartner lassen eine Öffnung für Dritte zu. Das gin- ge so lange, bis es ein Modell für deren ein- schlägigen Tarifbereich gibt. In diesem Zusammenhang ist oft die Rede davon, die Einschlägigkeit von Tarifverträ- gen zu ändern. Was heißt das, und warum ist das überhaupt ein Problem? Laut Paragraf 24 Betriebsrentengesetz kön- nen nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung einer ein- schlägigen tariflichen Regelung vereinba- ren. Einschlägig ist ein Tarifvertrag dann, wenn er auch für Nichttarifgebundene räumlich, zeitlich, fachlich und persönlich » Die neue private Vorsorge muss leichter erklärbar sein. « Klaus Stiefermann, Aba FOTO: © MARTIN PETERDAMM PHOTOGRAPHY FONDS & VERSICHERUNG Klaus Stiefermann | Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) 246 fondsprofessionell.de 1/2024

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