FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Was der Bankberater nicht sieht, sind Wertpapierdepots, die der Kunde vielleicht bei einem dritten Institut eröffnet hat, oder Versicherungsprodukte, die etwa bei einem freien Vermittler abgeschlossen wurden. Doch die FIDA-Pläne der EU gehen noch weiter. Angedacht sind sogenannte Cock- pit-Apps. Ist der Kunde damit einver- standen, dass auch die Finanzdaten anderer Institute dort eingespielt werden können, erhält der Berater fortan einen kompletten und aktuellen Überblick über seine gesam- ten Finanzen. Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass die Akteure der Finanz- und Versicherungswirt- schaft innerhalb von 18 Monaten Vertrags- bedingungen für den zukünftigen Daten- austausch festlegen müssen, sobald alle Ge- setzesakte der Open-Finance-Initiative ver- abschiedet und im EU-Amtsblatt veröffent- licht sind. Sollten sich der Ministerrat und das Europäische Parlament noch vor den EU-Parlamentswahlen im Juni 2024 auf den Entwurf einigen, könnte FIDA dem- nach Ende 2025 starten. Die Fondsbranche erkennt in dem Pro- jekt der EU durchaus Chancen. „Open Finance wird den Vertrieb nachhaltig ver- ändern“, erklärte etwa Thorsten Schrieber, Vorstandsmitglied bei DJE Kapital aus Pul- lach bei München auf dem FONDS pro- fessionell KONGRESS. „Wenn Vermittler künftig einen vollständigen Einblick in die Finanzdaten ihrer Kunden haben, können sie diese ganzheitlich beraten“, sagte er. Mal die Performance messen Ein Vermögensverwalter, der weiß, dass ein Anleger noch eine größere Summe in einen Investmentfonds investiert hat, den nicht der Finanzprofi für ihn ausgewählt hat, könne jederzeit einfach mal eine Per- formancemessung vornehmen. „Wenn er dann etwa sieht, dass die Entwicklung in den vergangenen zwölf Monaten schlecht war, kann er zum Hörer greifen und ein anderes Produkt empfehlen“, so Schrieber. „Freie Berater sollten sich allerdings recht- zeitig mit ihren Maklerpools in Verbin- dung setzen“, rät er. Diese müssten schließ- lich die Schnittstellen programmieren, die ihre Partner benötigen, um in der Open- Finance-Welt mitzuspielen. Tatsächlich setzen sich viele Maklerpools bereits aktiv mit der offenen Finanzarchi- tektur auseinander. „Berater werden die Möglichkeit haben, die Schnittstelle zum Kunden frühzeitig und vertrauensvoll zu besetzen“, sagt etwa Martin Steinmeyer, Vorstand des Hamburger Maklerpools Netfonds. So sei künftig eine umfangreiche 360-Grad-Beratung möglich. „Netfonds entwickelt seit Jahren die modernste Tech- nologie mit dem Ziel einer 360-Grad-Sicht und ist gewappnet, um die neuen Anforde- rungen umzusetzen“, so Steinmeyer. Auch Fondskonzept, Jung, DMS & Cie. und Fondsnet arbeiten bereits an den tech- nischen Voraussetzungen, um ihre Partner in die Lage zu versetzen, die neuen Mög- lichkeiten von Open Finance zu nutzen (siehe dazu FONDS professionell 3/2023, Seite 446). Für die meisten Fondsplattfor- men hingegen scheint das EU-Großprojekt noch kein Thema zu sein. Große Hoffnungen Und wie stehen diejenigen zu dem Vor- haben, denen die neue offene Finanzwelt ihre Arbeit erleichtern könnte? „Ich hoffe, dass Open Finance schnell kommt“, sagt Michael Gschwind, zertifizierter Finanz- planer und Geschäftsführer des gleichna- migen Anbieters von Softwarelösungen für Financial Planner mit Sitz in Aachen. „Wenn wir eine echte Finanzanalyse erstel- len wollen, dann ist das liquide Vermögen ein ganz entscheidender Punkt“, berichtet Gschwind.Dieses sei aber am schwierigsten zu ermitteln. „Open Finance kann hier her- vorragend unterstützen“, sagt er. Thorsten Schrieber, DJE Kapital: „Wenn Vermittler einen vollständigen Einblick in die Daten ihrer Kunden haben, können sie diese ganzheitlich beraten.“ Martin Steinmeyer, Netfonds: „Berater werden die Möglichkeit haben, die Schnittstelle zum Kunden frühzeitig und vertrauensvoll zu besetzen.“ » Ich sehe nicht, dass Geschwindigkeit immer gleichzusetzen ist mit Qualität. « Andreas Görler, Wellinvest – Pruschke & Kalm VERTRIEB & PRAXIS Open Finance 302 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH I NETFONDS, CHRISTOPH HEMMERICH I DJE KAPITAL

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