FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

bringt ungeheuer viel Arbeit mit sich und erfordert viele Überstunden. Das schreckt potenzielle Mitarbeiter nicht ab? Sullivan: Ganz imGegenteil: Die sich bei uns eröffnenden Möglichkeiten finden viele Menschen interessant. Diejenigen, die alles so machen wol- len, wie es schon immer gemacht wurde, sind bei uns fehl am Platz. Doch diejenigen, die Neugier, Ener- gie und Ideen mitbringen, wie man Allspring und die ganze Branche von Grund auf neu aufbauen kann, sind bei uns richtig. So werden wir etwa einer der größten, wenn nicht gar der größte Asset Manager, der voll- ständig cloudbasiert arbeitet. Char- lotte imUS-Bundesstaat North Caro- lina ist zwar technisch gesehen unser neuer Hauptsitz, doch wir arbeiten vollkommen dezentral. Viele hoch- rangige Manager arbeiten in San Francisco, Boston, in New York oder London. Neben dem Kostendruck und dem verän- derten Zins- und Inflationsumfeld kommen also noch hohe Investitionen in Technologie hinzu. Ist die goldene Ära des Asset Ma- nagements vorbei? Sullivan: Diese Zeit ist für die Gesellschaf- ten vorbei, die sich nicht anpassen und wei- terentwickeln. Die Branche segelte jahr- zehntelang mit Rückenwind. Selbst eine schlecht geführte, ineffiziente und schwa- che Firma, die in Verfall begriffen war, konnte dank der guten Marktentwicklung Geld verdienen. Das ändert sich langsam, auch wenn Kunden bislang nur zögerlich Geld von mittelmäßigen Anbietern abzie- hen, was sie noch am Leben hält. Sehen Sie Ihr Haus bereit für die neue Ära? Sullivan: Unser Haus zählt ganz sicher nicht zu denen, die sich nur durchwursteln. In unseren Geschäftsplänen kalkulieren wir die Börsenentwicklung gar nicht erst ein, weil wir sie nicht vorhersagen können.Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass uns die Märkte helfen. Am Ende geht es in un- serer Branche darum, eine herausragende Performance für die Kunden zu einem wettbewerbsfähigen Preis zu erzielen. Die Konkurrenz nimmt aber zu. So finden börsengehandelte Fonds, die aktive Strate- gien abbilden, zunehmend Anklang – zu- mindest in den USA. Sullivan: Genau diesem Thema widmen wir uns gerade. Denn bei der Umsetzung unserer Investmentstrategien sind wir völlig agnostisch, in welches Vehikel wir sie packen. Das kann ein Mandat, ein Publi- kumsfonds oder eben ein börsengehandel- ter Fonds sein.Wir beobachten eine zuneh- mende Nachfrage nach aktiven ETFs. Viele Berater in den USA greifen dieses Vehikel auf – und zunehmend gewinnt es auch international an Interesse. Wir überlegen, wie wir das Feld am besten betreten. Es geht dabei nicht um das Ob, sondern nur noch um das Wie und Wann. Wie bei klassischen Fonds gibt es Servicege- sellschaften, die den Aufbau einer ETF-Platt- formermöglichen. Dazu zählen Anbieter wie Han ETF oder seit Kurzem auch Goldman Sachs. Wäre das eine Option für Ihr Haus? Sullivan: Das Tolle ist, dass uns mehrere Wege offen stehen. Wir können selbst ein ETF-Sortiment aufbauen. Einige unserer Führungskräfte bringen Erfahrung aus dem ETF-Geschäft mit. Wir können aber auch auf externe Dienstleister zurückgrei- fen. Zudem könnten wir uns das Feld über einen Zukauf erschließen und etwa einen kleineren ETF-Anbieter übernehmen. All diese Möglichkeiten überprüfen wir. Denn wir wollen von keinem Geschäft ausge- schlossen werden, bloß weil wir nicht das » Die Branche segelte jahrzehntelang mit Rückenwind. Selbst eine schlecht geführte, schwache Firma konnte dank der guten Markt- entwicklung Geld verdienen. Das ändert sich langsam. « Joe Sullivan, Allspring Global Investments KURZ-VITA: Joe Sullivan Joseph „Joe“ Sullivan rückte 2021 an die Spitze von Allspring Global Investments. Davor war er seit 2012 Vor- standsvorsitzender von Legg Mason – bis zur Übernahme durch Franklin Templeton 2020. Vor seiner Zeit bei dem Bou- tiquendach arbeitete er bei der US-Investmentbank Stifel. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH fondsprofessionell.de 1/2024 357

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