FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

Kollege KI aus der App Auch Banken setzen immer öfter auf künstliche Intelligenz. Künftig möchte die Commerzbank ihre Kunden von einem Avatar beraten lassen. Er soll Vertriebsmitarbeitern Routineaufgaben abnehmen. I m Sommer letzten Jahres bildeten sich lange Schlangen vor vielen Filialen der Commerzbank. Verärgerte Kunden des Instituts warteten stundenlang darauf, von einem Servicemitarbeiter bedient zu wer- den. Die „chaotischen Zuständen“, wie es die „Wirtschaftswoche“ nannte, waren das Ergebnis der radikalen Ausdünnung des Filialnetzes. 2010 gab es hierzulande noch rund 1.500 Geschäftsstellen der Commerz- bank, Ende 2023 waren es nur noch rund 400. Die Führung der Bank hatte wohl die Online-Affinität der eigenen Kundschaft über- und den Bedarf an menschlichem Personal unterschätzt. Um gegenzusteuern, stellte die Bank kurzfristig 90 Mitarbeiter für den Service in den Filialen ein. In Rela- tion zu den 41.800 Beschäftigten der Bank weltweit und einer Bilanzsumme von rund 510 Milliarden Euro kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Da neue Kollegen teuer und auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr zu finden sind, setzt die Commerzbank jetzt auf einen Banking-Avatar, einen künstlichen Ange- stellten. Der Avatar ist ein virtueller Assis- tent in Form einer digitalisierten Person, die mit den Kunden kommunizieren soll. Wenn alles gut läuft, gibt die künstliche Intelligenz neben allgemeinen Informa- tionen auch personalisierte Hinweise zu verschiedenen Bankdienstleistungen – und das alles in „menschlicher“ Sprache. „Es ist eine neue Art des Bankings, die Komfort, Personalisierung und digitale Leistung auf der nächsten Ebene verbin- det“, verspricht Thomas Schaufler, Vorstand für Privat- und Unternehmerkunden der Commerzbank. „Wir wollen unseren Kun- den das beste digitale Erlebnis bieten und ihnen helfen, ihre Finanzen einfach und vertrauensvoll zu verwalten.“ Das Projekt realisiert man gemeinsam mit dem Softwaregiganten Microsoft. Es nutzt den sogenannten „Azure OpenAI Service“ für fortgeschrittene GPT-Modelle. Die Abkürzung GPT, hierzulande vor allem durch ChatGPT bekannt, steht für Generative Pretrained Transformer. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die künstliche Intelligenz auf Daten oder Texte bezieht, die sie bereits gelesen und mit denen sie trainiert hat. 2,2 Millionen potenzielle Nutzer Im ersten Schritt wird der Banking- Avatar für die 2,2 Millionen aktiven Nut- zer der Commerzbank-Banking-App ent- wickelt. Später sollen auch Unternehmens- kunden in den Genuss der KI kommen. „Wir starten mit einfachen Kundenanfra- gen, beispielsweise der Sperrung einer EC- Karte, und werden darauf aufbauend wei- tere Prozessschritte bis hin zu End-to-End- Prozessen umsetzen“, so die Bank. „Im Ziel- bild wird der virtuelle Banking-Assistent » Ein schneller Service stärkt auch die Zufriedenheit der Kunden. « Tim Walleyo, PTA Unternehmensberatung Ursprünglich hatte die Commerzbank angekündigt, ihren digitalen Helfer im Herbst 2024 live zu schalten. Ob es dabei bleibt, ist offen. Klar ist aber, dass die Branche der Einfüh- rung gespannt entgegenblickt. BANK & FONDS Künstliche Intelligenz 408 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © COMMERZBANK AG

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