FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

über der Zeit vor 20 oder 30 Jahren ange- sprochen, erklärt sie: „Ich glaube, dass da- mals die Karriere und das Geldverdienen im Vordergrund standen.Heutzutage steht eventuell mehr der Spaß an der Arbeit im Fokus. Vielleicht wirkt Bank auch etwas steif und zu konservativ.Das Image ist heut- zutage nicht mehr das beste.“ Auf das Haspa-Projekt reagiert sie positiv, aber doch zurückhaltend. „Ich kann mir gut vorstellen, dass günstiger Wohnraum in einer attraktiven Großstadt junge Men- schen motiviert, bestimmte Ausbildungs- berufe zu ergreifen“, sagt Weber. „Aber hin- sichtlich einer Bankausbildung denke ich, dass man sich als junger Mensch nach der Schule eher eine Ausbildungsstätte in Hei- matnähe sucht, als dafür extra in eine ande- re Großstadt zu ziehen, nur weil es dort günstigen Wohnraum gibt.“ Investoren gesucht Mit dem neuen Gebäude auf einem 1.140 Quadratmeter großen Grundstück möchte die Haspa auch ökologisch Zei- chen setzen. Auf dem Dach sind „Urban Gardening“, Photovoltaik und ein Bienen- stock geplant. Auch Teile der Fassade wer- den begrünt. Der Hamburger Senat und die Verwaltung der Hansestadt begrüßen das Wohnprojekt der Haspa. Auch über die Landesgrenzen hinweg findet die Initia- tive Zuspruch. „Insbesondere in Großstäd- ten mit wachsender Bevölkerung und einer relativ hohen Zahl von Studierenden ist die Knappheit von bezahlbarem Wohn- raum für Auszubildende – wie auch für andere Menschen mit unterdurchschnittli- chem Einkommen – ein bedeutendes The- ma“, sagt Robin Beiderwieden vom Minis- terium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Zu den Engpassfak- toren zähle vor allem die Gewinnung von Investoren und Betreibern, aber auch an bebaubaren Flächen herrsche großer Man- gel. Beiderwieden verweist darauf, dass die Baukosten in Deutschland seit der Pande- mie um 40 Prozent gestiegen sind. Hinzu kommen die gestiegenen Zinsen, die Inves- toren abschrecken. Das Land NRW stellt für die Schaffung und Modernisierung von Wohnraum für Auszubildende und Studierende in den Jahren 2023 bis 2027 insgesamt rund 840 Millionen Euro zur Verfügung. Dennoch müsse weiterhin stark dafür geworben wer- den, auch für junge Menschen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erklärt der Experte für die berufliche Ausbildung. Doch nicht nur die Baubranche und die Arbeitgeber, auch die Schulabgänger müssten sich be- wegen – im wahrsten Sinne des Wortes: „In NRW wird grundsätzlich mehr Mobi- lität bei den Ausbildungssuchenden, das heißt über Stadt- oder Kreisgrenzen hin- weg, notwendig sein, um die landesweit offenen Ausbildungsplätze noch besser zu besetzen zu können und für alle Jugendli- chen passende Angebote zu ermöglichen“, sagt Beiderwieden. Azubi-WG Die Haspa ist mit ihrem Wohnheim- projekt übrigens nicht allein. Auch die VR- Bank in Südniedersachsen bietet an ihren Hauptsitzen in Holzminden und Drans- feld Zweier-WGs an. Die voll möblierten Wohngemeinschaften liegen so zentral, dass die Azubis ihren Arbeitsplatz zu Fuß erreichen können. Doch nicht für jede Bank scheint die Schaffung von Wohnraum das Allheilmit- tel zu sein, um Azubis zu gewinnen. So geht beispielsweise die zweitgrößte deut- sche Sparkasse nicht unter die Bauherren. „Die Kreissparkasse Köln ist eine Flächen- sparkasse, deren Geschäftsgebiet sich über 3.650 Quadratkilometer erstreckt und 45 Städte und Gemeinden umfasst. Vor die- semHintergrund bietet sich weder ein zen- trales noch ein dezentrales Wohnraum- angebot der Sparkasse für ihre Azubis an“, erklärt Martina Martini, Bereichsdirektorin Aus- und Weiterbildung der Sparkasse. „Zudem leben unsere Auszubildenden – ebenso wie unsere anderen Beschäftigten – ganz überwiegend bereits in unserem Ge- schäftsgebiet. Sie werden während ihrer Ausbildung möglichst in wohnortnahen Filialen und Vertriebsstellen eingesetzt.“ Wenn in Einzelfällen eine Neueinstel- lung mit einem Umzug in die Region ver- bunden sein sollte, hilft die Bank bei der Wohnungssuche, entweder über die Mit- arbeiter in den Filialen vor Ort, die gut in ihrer Region vernetzt sind, oder über das bankeigene Tochterunternehmen KSK-Im- mobilien. Um Schulabgänger für eine Aus- bildung imHause zu erwärmen, setzen die Kölner unter anderem auf Azubi-Filialen und den neuen Ausbildungsgang „Media- ler Bankkaufmann“, der sich an junge Men- schen mit hoher Digitalaffinität richtet.Das scheint anzukommen. Die Kreissparkasse Köln stellte im vergangenen Jahr 103 neue Auszubildende ein. Auch für das kommen- de Ausbildungsjahr rechnet die Sparkasse wieder mit mehr als 100 Lehrlingen. MARCUS HIPPLER FP » Für uns bietet sich weder ein zentrales noch ein dezentrales Wohnraumangebot für Azubis an. « Martina Martini, Kreissparkasse Köln fondsprofessionell.de 1/2024 417 FOTO: © KREISSPARKASSE KÖLN

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