FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024
(Un) abhängige Makler Dürfen Makler für Kapitalpolicen bald keine Provisionen mehr nehmen? Der Entwurf der EU-Kleinanlegerstrategie zielt in diese Richtung. Wie sich die Vermittlerverbände jetzt positionieren. E nde Mai 2023 hat die EU-Kommis- sion den Entwurf ihrer „Retail Invest- ment Strategy“ (RIS) vorgelegt, hierzulande als Kleinanlegerstrategie bekannt. Damit soll der Finanzvertrieb verbraucherfreund- licher werden. Kritikern zufolge wird damit jedoch das genaue Gegenteil erreicht. Mit Blick auf das Wertpapiergeschäft verzichtete Brüssel zwar auf die ursprüngliche Idee, Provisionen in der Anlageberatung zu ver- bieten, in der reinen Anlagevermittlung sollen Zuwendungen jedoch tabu sein.Un- ter anderem an dieser Passage des Entwurfs stößt sich nicht nur die Finanzlobby, son- dern auch das EU-Parlament, dessen Be- richterstatterin im Oktober 2023 sogar ei- nen Gegenvorschlag vorlegte (siehe auch FONDS professionell 4/2023, Seite 434). Im Versicherungsbereich dreht sich die Diskussion vor allem um eine Formulie- rung im Entwurf, die zu einem Provisions- verbot für unabhängige Vermittler von Ver- sicherungsanlageprodukten führen könnte (Artikel 30, Absatz 5b). Es geht vor allem um eine neue Definition von Unabhängig- keit. Kurz gesagt soll ein Versicherungsmak- ler für die Vermittlung von Lebensversiche- rungen nur noch dann Courtage bekom- men, wenn er sich gegenüber dem Kun- den als „abhängig“bezeichnet, da seine Ver- gütung ja vom Versicherer kommt und er somit nicht „unabhängig“ sei. Diese Lesart von Unabhängigkeit muss Versicherungs- maklern sauer aufstoßen. Bezieht sich Un- abhängigkeit auf den Status des Maklers, „wäre er imWettbewerb gegenüber gebun- denen Versicherungsvermittlern massiv benachteiligt und praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfWBun- desverband Finanzdienstleistung. Bezieht sich die Unabhängigkeit auf die Dienstleis- tung im Einzelfall, müsste sich der Makler als abhängig bezeichnen, da er Courtage vom Versicherer bekommt. Dies würde Kunden und Makler verunsichern. Wankender Zeitplan Betroffen wärenMakler,wenn sie Lebens- versicherungen vertreiben – also auch Fondspolicen –, nicht jedoch bei der Ver- mittlung von Biometrie-, Sach-,Haftpflicht- oder Gewerbepolicen. Entscheidend ist aber, wie die fragliche Passage ausgelegt wird, denn entschieden ist bisher nichts. Die RIS existiert bisher nur als Entwurf der Kommission.Der zuständige Ausschuss für Wirtschaft und Währung (Econ) des Euro- paparlaments möchte sein endgültiges Vo- tum Ende März, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, vorlegen. Die finalen Bera- tungen des EU-Ministerrats stehen noch aus. „Erst wenn alle drei Voten vorliegen, könnten die Trilog-Verhandlungen begin- nen“, erinnert Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versiche- rungskaufleute (BVK). Als „Trilog“ werden in Brüssel die Abstimmungen zwischen EU-Kommission, Europaparlament und » Wir brauchen eine rechtssichere Formu- lierung der Regeln. « Michael H. Heinz, BVK Im Europagebäude in Brüssel tagt unter anderem der EU-Ministerrat. Dieses Gremiummuss sich noch eine abschließende Meinung über die Kleinanlegerstrategie bilden, bevor es in die Trilog-Verhandlungen geht. STEUER & RECHT Kleinanlegerstrategie 418 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © OLRAT | STOCK.ADOBE.COM
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