FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024
Ministerrat bezeichnet. Erst wenn da Einig- keit erzielt wurde, kann die Richtlinie ver- abschiedet werden. Die nächsten Wochen bleiben also span- nend. Denn „es besteht weiter die Absicht, eine grundsätzliche politische Einigung noch bis zu den Wahlen zum Europäi- schen Parlament im Juni 2024 zu erzielen“, sagt Bernhard Gause, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM).Wird dieser Zeitplan eingehalten, könnte das Gesetzes- paket nach der Erarbeitung technischer Details zum Jahreswechsel 2024/25 verab- schiedet werden. „Dazu müsste die Richt- linie allerdings im April 2024 beschlossen sein“, so der BDVM-Chef. Inzwischen ist hinter den Kulissen einiges passiert, was den Zeitplan ins Wanken bringt. Insbeson- dere das geplante Provisionsverbot für die Vermittlung von Versicherungsanlagepro- dukten bei „unabhängiger Beratung“ im Richtlinienentwurf befeuert die Diskussion weiter, auch unter Vermittlerverbänden. Begriffsverwirrung Einerseits wird in dem Vorhaben ein europarechtswidriges Provisionsverbot für Makler mit Verweis auf ihren Status als „unabhängig“ gesehen – dokumentiert in einem vom AfW beauftragten Rechtsgut- achten von Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seine Quintessenz: Artikel 30 Ab- satz 5b des RIS-Entwurfs ist mit europäi- schem Recht nicht vereinbar und folglich ungültig. Schwintowski empfiehlt, die Regelung ersatzlos zu streichen. Andererseits wird die Vorschrift so inter- pretiert, dass bei der Beratung lediglich darauf hingewiesen werden muss, dass die Beratung auf Provisionsbasis und daher nicht „unabhängig“erfolgt – dokumentiert in einem Rechtsgutachten von Christoph Brömmelmeyer, Professor an der Europa- Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Der Jurist sollte im Auftrag des BVK der Frage nachgehen, ob der RIS-Vorschlag ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler beinhaltet. Brömmelmeyers Antwort: Die Provision für die Vermittlung von Versiche- rungsanlageprodukten soll laut RIS-Ent- wurf entfallen, wenn der Vermittler eine Beratung auf unabhängiger Basis ankün- digt. Der Versicherungsmakler müsste künftig also im provisionsbasierten Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten klar- stellen, dass er zwar nicht persönlich von einem bestimmten Versicherer abhängig ist, dass die von ihm angebotene Dienst- leistung aber „nicht unabhängig“ erfolgt, weil er wirtschaftlich gesehen auf Provi- sionszahlungen angewiesen ist. Damit könnte das Brömmelmeyer-Gut- achten Maklern einen Bärendienst erwei- sen, wird doch quasi einem „abhängigen Versicherungsmakler“ das Wort geredet. Auch das bekannte Sachwalter-Urteil des BGH von 1985 habe keine Lanze für die Unabhängigkeit des Maklers gebrochen, sagte der Rechtswissenschaftler beim BVK- Fachdialog Mitte November 2023 in Ber- lin. Das Urteil sei etwas „gestrig“. Unabhän- gig davon, was Brüssel letztlich in der RIS beschließe, müssten Makler selbst nach dem kritisierten Richtlinienentwurf nichts fürchten, aber „sich gegenüber den Kun- den von Versicherungsanlageprodukten ge- nauer erklären“, so Brömmelmeyer. Die Frage der Unabhängigkeit beziehe sich also nicht auf den Status des Maklers im Sinne des Berufsbildes, sondern auf sei- ne Dienstleistung, die über Courtage oder Honorar bezahlt wird, stellte der Jurist klar. Der Regelungsvorschlag in der RIS solle der Transparenz dienen und werde letztlich Teil der ohnehin bestehenden Erstinforma- tion sein. Allerdings könnte dies zu Verwir- rungen unter Maklern und Verbrauchern führen. Tatsächlich würde nach Lesart des RIS-Entwurfs lediglich eine Beratungs- dienstleistung als unabhängig gelten, die auf Honorarbasis Versicherungsanlagepro- dukte empfiehlt, ohne dafür eine Provision von einem Versicherer zu erhalten. Ungewolltes Provisionsverbot? „Es bleibt wenig glücklich, dass der per- sönlich unabhängige Makler die Beratung in einem speziellen Teilsegment der Ver- sicherungsanlageprodukte als ‚abhängig‘ bezeichnen muss, denn Transparenz über das Vermittlungsentgelt hätte völlig ausge- reicht“, kritisiert denn auch BDVM-Chef Gause. Dadurch spiele der Richtlinienent- wurf mit der Unabhängigkeit von Versiche- rungsmaklern und schaffe unnötige Ver- wirrung bei Verbrauchern. Dabei hatte die EU-Kommission mit der geplanten Vor- schrift gar nicht beabsichtigt, ein partielles Provisionsverbot für Makler einzuführen. Dies hat die Brüsseler Behörde, vertreten durch Nico Spiegel, Legal and Policy Of- ficer der zuständigen Generaldirektion, schon auf einem BDVM-Symposium im Juni 2023 bestätigt, erinnert Gause. Auch die einleitenden Ausführungen in der Kleinanlegerstrategie selbst legten dies na- he. Gause zitiert aus dem Dokument: „Ver- mittler, die nicht angestellt oder vertraglich an ein Versicherungsunternehmen gebun- » Transparenz über das Vermittlungsentgelt hätte völlig ausgereicht. « Bernhard Gause, BDVM fondsprofessionell.de 1/2024 419 FOTO: © JOST FINK | BDVM, HEIDE FEST, FOTOGRAFENMEISTERIN I EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA
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