FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2024

sehr gut aufgestellt, weil sie sich auch in den schwierigen Jahren enorm weiterent- wickelt hat. Heuser: Wobei sich die Frage stellt, ob um- gekehrt auch Ihr persönlicher Investment- stil zumValue-Ansatz von Lingohr passt. Sporleder: Ich war auch in meiner Zeit bei Allianz Global Investors als Head of Liquid Alternatives im Bereich der European Equi- ties noch nie ein Freund von sehr hohen Multiples, sprich Bewertungen von Aktien. Daher hatte ich immer schon eine durch- aus bewusst gesuchte Nähe zum Value Investing. Entsprechend bin ich nach wie vor von einer Reihe von Prinzipien über- zeugt, die sich aus meiner Sicht in meiner Aufgabe als Chief Investment Officer opti- mal umsetzen lassen, nicht zuletzt weil sie gewissermaßen zu den Grundpfeilern einer Gesellschaft wie Lingohr Asset Manage- ment gehören. Glow: Was zeichnet diese Grundpfeiler aus? Sporleder: Dass die Zukunft für uns alle nicht vorhersehbar ist, dürfte eher zu den Binsenweisheiten gehören. Was aber viele und gerade sehr stark wachstumsorientierte Investoren gern außer Acht lassen, das ist die Tatsache, dass es vor allem die Bewer- tung ist, die langfristig den Kurs einer Aktie bestimmt. Das ist insbesondere in einer Zeit von zunehmender Bedeutung,wie wir sie derzeit wieder erleben, in der viele der vermeintlichen Wachstumswerte schon wieder ein Niveau erreicht haben, das alles andere als gesund ist. Heuser: Sprechen Sie gerade etwas wie das Prinzip einer Rückkehr zumMittelwert an? Sporleder: So kann man das sicher sagen. Wer wie wir davon überzeugt ist, dass dieses Prinzip nach wie vor Gültigkeit hat, versteht meiner Ansicht nach, dass es einen nicht zu vernachlässigenden Unterschied gibt zwischen den Fundamentaldaten eines Unternehmens und dem Wert seines Aktienkurses. Man kann lange darüber diskutieren, warum gerade jetzt die Zeit für ein Value-Investment gekommen sein soll. Worüber sich aber nicht diskutieren lässt, das ist die Tatsache, dass am Ende die von Unternehmen erzielten Cashflows über Wohl und Wehe ihres Aktienkurses ent- scheiden. Glow: Der vermeintlich unaufhaltsame Aufstieg der „Magnificent Seven“ und Co. dürfte aber doch auch Ihnen nicht ver- borgen geblieben sein. Sporleder: Natürlich nicht, das ist ja einer der Gründe, die es einem wertorientierten Manager derzeit schwer machen.Worüber sich aber wohl auch kaum streiten lässt: Neben den sogenannten „Glorreichen Sieben“ und über die bekannten Wachs- tumsindustrien hinaus gibt es sehr viele Geschäftsmodelle, die nicht nur notwendig für unser tägliches Leben sind, sondern auch beachtliche Erträge abwerfen. Viele dieser Geschäftsmodelle sind gerade in den letzten Jahren viel zu stark in den Hinter- grund getreten. Glow: Müssen Sie sozusagen „von Berufs wegen“ skeptisch sein bezüglich der Fort- setzung der aktuellen Aktienmarktrallye? Sporleder: Nach meiner Wahrnehmung bin ich keineswegs der Einzige, der sich über die jüngste Entwicklung Sorgen macht. Auch andere durchaus renommierte Asset Manager stellen inzwischen die Frage, ob es noch ratsam ist, US-Technologiewerte zu halten oder ob man in Zeiten der „höchs- ten Kurse aller Zeiten“ nicht einmal Ge- winne mitnehmen sollte. Und das ist nicht der alleinige Grund, skeptisch zu sein. Heuser: Welche Gründe gibt es noch? Sporleder: Die von den Notenbankern Ende 2023 durchaus noch geschürte Euphorie in Bezug auf baldige Zinssenkungen hat sich inzwischen wieder in Luft aufgelöst. Von der ursprünglich erwarteten Zahl von sie- ben Zinssenkungen in diesem Jahr sind heute vielleicht noch gerade einmal drei Senkungsschritte übrig. Und die allgemei- ne Entwicklung an den Anleihenmärkten » Ich bin nicht der Einzige, der sich über die jüngste Entwicklung Sorgen macht. « Harald Sporleder, Lingohr AM MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Harald Sporleder | Lingohr Asset Management 82 fondsprofessionell.de 1/2024 FOTO: © ANDREAS ENDERMANN KREUZ VERHÖR

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