FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024

quasi im Nebenjob Informationen darü- ber, ob die Unternehmen ihrer Verantwor- tung für Umwelt und Menschen auch vor Ort gerecht werden. Impulsgeber und Wegbegleiter Um neue Perspektiven geht es auch Alexander Mozer bei dem Expertenrat, den er im Mai dieses Jahres für sein Start-up Rezoom Capital berufen hat. Ob ein Titel für seine Fonds infrage kommt oder nicht, entscheidet das Team um den früheren Ökoworld-Manager in einemmehrstufigen Verfahren, in dem es zunächst Ausschluss- und Negativkriterien anwendet und dann ESG-Daten eines externen Anbieters aus- wertet. Am Schluss steht eine Beurteilung nach „Sinn und Verstand“, wie Mozer es nennt. So möchte er auch kleineren Unter- nehmen eine Chance geben, die zwar ein offensichtlich nachhaltiges Geschäftsmo- dell verfolgen, denen aber beispielsweise die Ressourcen fehlen, all die Fragebogen auszufüllen, die die ESG-Ratingagenturen für eine Bestnote voraussetzen. „Diese Beurteilung nach Sinn und Verstand möchte ich auf eine breitere Basis stellen, und an dieser Stelle kann der Beirat wich- tigen Input geben“, sagt Mozer. Doch auch Mozer geht es nicht nur um die Beurteilung einzelner Unternehmen. „Ich sehe den Expertenrat als Wegbegleiter, als Gremium, in dem wir Leitlinien ent- wickeln und offen über verschiedene Bran- chen oder Entwicklungen diskutieren können.“ Außerdem möchte er den Beirat nutzen, um das Thema Engagement anzu- gehen. „Hier geht es um die Frage, bei wel- chen Unternehmen es sinnvoll wäre, den kritischen Dialog mit dem Topmanage- ment zu suchen, um Veränderungen anzu- stoßen.“ Index mit Beirat Einen externen Nachhaltigkeitsbeirat findet man übrigens nicht nur bei Asset Managern oder für einzelne Fonds, son- dern auch bei einem Index: dem 2007 lan- cierten Global Challenges Index (GCX), den die Börse Hannover mit Unterstüt- zung des Datenspezialisten ISS ESG be- rechnet. Er vereint Aktien von 50 Unter- nehmen aus aller Welt, die sich „in beson- deremMaße im Bereich Nachhaltigkeit bei den sieben globalen Herausforderungen engagieren“, wie es der Indexanbieter for- muliert – gemeint sind Themen wie Kli- mawandel,Wasserversorgung, Artenvielfalt oder Armutsbekämpfung. „Der Auswahlprozess hat zwei Stufen“, berichtet Christoph Stiebeler, der bei Bant- leon Invest den einzigen Indexfonds auf den GCX managt. Den ersten Filter passie- ren nur Unternehmen, die in ihrer Bran- che hohe ökologische und soziale Stan- dards erfüllen (Best-in-Class-Ansatz) und nicht gegen die definierten Ausschlusskri- terien verstoßen. „Im zweiten Schritt analy- siert ISS ESG, welchen Beitrag die Unter- nehmen zu den nachhaltigen Entwick- lungszielen der Vereinten Nationen liefern, und schlägt Kandidaten für den Index vor“, so Stiebeler. „Vor jeder halbjährlichen In- dexanpassung überprüft der Beirat, ob die Titel dem Indexkonzept entsprechen.“ Leitplanken setzen Auch bei der Bethmann Bank blickt der Beirat schon auf eine gewisse Historie zu- rück. Anders als bei einigen der genannten Vermögensverwalter legt das Gremium, das erstmals im September 2012 tagte, jedoch nicht fest, in welche Titel die Portfolio- manager investieren dürfen. „Das generelle Anlageuniversum definieren wir selbst“, sagt Chefanlagestratege Steffen Kunkel. „Ein echtes Vetorecht des Beirats wäre schon aus juristischen Gründen schwierig, schließlich sind wir es, die die Anlageent- scheidungen treffen.“ Das Gremium habe allerdings die volle Transparenz über die Portfolios, und es werde durchaus auch über Einzeltitel diskutiert. „Die wichtigste Aufgabe des Beirats ist aber, die Leitplan- ken für unsere Anlagestrategien zu setzen, beispielsweise wenn es um Ausschlusskri- terien oder den Umgang mit Kontrover- sen geht. Wir entwickeln gemeinsam die Regeln, nach denen wir investieren. Das ist keine einmalige Entscheidung, sondern eine Reise, ein dauerhafter Dialog.“ Der Beirat tagt viermal im Jahr jeweils für etwa einen halben Arbeitstag, da bleibt auch Zeit für manche Methodendiskus- sion. Kunkel schreibt dem Gremium auch aus einem anderen Grund einen „immen- sen Wert“ zu: „Wir möchten nicht als Bank entscheiden, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist, sondern einen breiten Kon- sens abbilden. Dabei hilft uns der Beirat, der mit Vertretern verschiedenster Diszi- plinen und gesellschaftlicher Strömungen besetzt ist, enorm.“ Das mit externen Experten besetzte Gremium beantwortet gewissermaßen die Frage, die trotz aller ESG-Regulierung jeder individuell beantworten muss: Was heißt für mich nachhaltig? BERND MIKOSCH FP » Ein echtes Vetorecht des Beirats wäre schon aus juristischen Gründen schwierig. « Steffen Kunkel, Bethmann Bank MARKT & STRATEGIE Nachhaltigkeitsfonds 118 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: © BETHMANN BANK

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