FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024
Mark Dowding , Investmentchef bei Bluebay in London, über die Zinspolitik der Notenbanken, die hohen Staatsausgaben in den USA, die Wertpapierselektion seines Hauses und die Frage, was er von Kryptowährungen als Anlageinstrument hält. A ls Investor braucht man einen gewis- sen Weitblick. Mark Dowding, Anla- gechef bei Bluebay Fixed Income, hat den schon von Haus aus: Die Sicht aus seinem voll verglasten Büro reicht auf der einen Seite weit über die Londoner City und auf der anderen über den mehr als 100 Meter langen Tradefloor mit seinen endlosen Monitorreihen.Doch in seinem Büro ist er nur selten, lieber verbringt er die Zeit an seinem Desk zwischen den anderen Port- foliomanagern im Handelsraum. Dabei ist sein Blick auf die Märkte mindestens genauso aufgeräumt wie sein Büro. Herr Dowding, zu Jahresanfang preiste der Markt noch bis zu sieben Zinssenkungen in den USA ein, seither schrumpfen die Er- wartungen. Mit wie vielen Zinssenkungen rechnen Sie denn noch? Mark Dowding: Wir erwarten eine, höchs- tens zwei Zinssenkungen in den USA in diesem Jahr – und das erst in der zweiten Jahreshälfte. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird bereits im Juni mit Zins- senkungen loslegen, und wir gehen von drei bis vier Zinssenkungen aus. Doch statt über den Anfang zu spekulieren, sollten wir uns lieber fragen: Wo liegt das Ziel? Ich glaube, dass die Zinsen langfristig deutlich höher bleiben werden als in den 2010er- Jahren. Das künftige Zinsniveau dürfte eher dem aus den 1990er-Jahren ähneln. Die Zinsfantasien vieler Anleger werden enttäuscht – und das ist schmerzhaft, wie die jüngsten Rückgänge am Aktienmarkt ja zeigen. Immerhin haben die Zentralbanken offen- sichtlich tatsächlich eine sanfte Landung hinbekommen. Oder ist es zu früh für Glückwünsche? Auf längere Sicht besteht eine Menge Unsicherheit. Dass die immense Zinsstraf- fung vor allem in den USA das Wachstum nicht deutlicher gebremst hat, ist sicher auch eines der Rätsel, das die US-Noten- banker umtreibt. In einem typischen geld- politischen Zyklus klettern die Leitzinsen Stufe um Stufe die Zinstreppe hinauf, aber nach unten geht es dann meist mit dem Fahrstuhl. So war das in den vergangenen drei Zinszyklen in den USA, als es jeweils zu einer harten Landung kam. Es ist noch immer möglich, dass die Wirkung der Zinserhöhungen einfach verzögert einsetzt – daher möchte ich die harte Landung für die kommenden Quartale nicht katego- risch ausschließen. Zumal die Inflation in denVereinigten Staa- ten zuletzt wieder gestiegen ist. Wir sehen viele Gründe für dauerhaft höhere Teuerungsraten, etwa die teilweise Umkehrung der Globalisierung, die grüne Inflationsprämie angesichts des Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und den Ersparnisabbau der Babyboomer, die nach und nach ins Rentenalter kommen. Dazu kommt der auch aufgrund der Demografie boomende Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosigkeit in den USA und auch in Europa ist auf einem Rekordtief, und die angespannte Lage könnte die Löhne zu- sätzlich nach oben treiben. Mit der Infla- tion werden auch die Anleihenrenditen und Zinssätze auf einem etwas höheren Niveau bleiben. „Die Zinsfantasien werden schmerzhaft enttäuscht“ » Die US-Fiskalpolitik ist ziemlich verrückt. « Mark Dowding, RBC Bluebay AM MARKT & STRATEGIE Mark Dowding | RBC Bluebay Asset Management 120 fondsprofessionell.de 2/2024
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