FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2024
methode durchzusetzen. „Man muss den Richtern sehr detailliert erklären, warum man die aufgeführten Provisionen berück- sichtigt und wie man diese in der Berech- nung ansetzt. Die Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag sind sehr hoch“, be- richtet Behrens. Wie hoch, ergibt sich bei- spielsweise aus einem Beschluss des Ober- landesgerichts Celle (4. März 2020, Az. 11 U 170/19). Zumal erschwerend hinzu kommt, dass die Beweis- und Darlegungs- pflicht grundsätzlich beim Vertreter liegt. „Der Vertreter muss die detaillierten Infor- mationen über Provisionen und Kunden- stamm liefern. Daher ist es ratsam, immer genaue Listen darüber zu führen“, rät der Münsteraner Jurist. Leitlinien des BGH Unmöglich ist dieser Weg aber nicht: Anwalt Behrens etwa hat bereits mit Aus- gleichsberechnungen nur auf Basis der ge- setzlichen Vorgaben vor Gericht Recht be- kommen. Immerhin hat der BGH in den vergangenen Jahren einige Leitlinien vorge- geben: Es dürfen nur Folgeprovisionen und keine Abschluss- und Bestandspflege- provisionen in die Ausgleichsberechnung einfließen (BGH, Urteil vom 22.Dezember 2003, Az. VIII ZR 117/03). „Bestandspflege- oder auch Verwaltungsprovisionen erhält ein Handelsvertreter in der Regel dann, wenn er den Bestand pflegt. Er muss also etwas leisten und enthält als Gegenleistung eine Provision. Das ist quasi ein Entgelt für eine Tätigkeit. Das Unternehmen hat hier also keinen Vorteil, weil ja die Leistung des Handelsvertreters wegfällt“, erklärt er. Die Karlsruher Richter stellten zudem klar, dass Neukunden zugleich Stammkunden sein müssen. Das ist der Fall, wenn der Vertreter mindestens ein Folgegeschäft abschließen konnte (BGH, Urteil vom 21. April 2010, Az. VIII ZR 108/09). Und aus dem Gesetz ergibt sich, dass nur die Provisionen der letzten zwölf Vertragsmonate berücksich- tigt werden, die der Vertreter mit geworbe- nen Neukunden verdient hat. Dennoch stellt sich die Frage, ob nicht einfach die Grundsätze überarbeitet wer- den sollten. Das wird so schnell aber nicht geschehen, wie eine Anfrage der Redaktion beim BVK ergab. Der Verband weist unter anderem darauf hin, dass eine Neufassung der Grundsätze nur mit demGDV proble- matisch sei, da andere Interessenvertreter dagegen klagen könnten. Würde ein gro- ßer Kreis die Grundsätze aktualisieren,wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es ein langwieriger und in seinen Ergebnissen unsicherer Prozess wird. „Am Ende könn- ten sogar noch schlechtere Konditionen ausgehandelt werden als die ursprüngli- chen“,mahnt daher BVK-Präsident Michael H. Heinz. JENS BREDENBALS FP » Gesetzgeber und Rechtsprechung gehen davon aus, dass der Vertreter eventuell Kunden mitnimmt. « Tim Banerjee, Banerjee & Kollegen Beispielrechnung: Ausgleichszahlung für Sachversicherung Die Höhe eines Ausgleichsanspruchs lässt sich nach den „Grundsätzen“ von BVK und GDV sowie nach dem Gesetz berechnen. Rechtsanwalt Kai Behrens aus Münster erläutert die Unterschiede anhand eines Beispiels. Basis ist eine Haftpflicht- versicherung, für die ein Vertreter, der 18 Jahre für eine Gesellschaft gearbeitet hat, jährlich 100 Euro Provision erhält – der Vorteil für das Unter- nehmen bei Weggang des Vertreters. Laut Gesetz: Üblicherweise wird eine Pro- gnose des wirtschaftlichen Vorteils für die nächs- ten drei bis fünf Jahre gebildet. Da Lebensver- sicherungen eine Haftungszeit von fünf Jahren haben, kann dieser Zeitraum als zeitlicher Maß- stab für die Prognose herangezogen werden. Im Beispiel beträgt der Unternehmensvorteil 500 Euro. Viele Policen werden aber vorher gekündigt, sodass eine Stornoquote berücksichtigt wird – beispielsweise fünf Prozent –, um die der Betrag von 100 Euro jedes Jahr zu mindern ist. Für das erste Jahr wären also 95 Euro anzusetzen, für das zweite 90,25 Euro und für das dritte 85,73 Euro. Für das vierte Jahr kämen dann 81,45 Euro hinzu, für das fünfte 77,37 Euro. In Summe sind das 429,80 Euro, die als Ausgleich zu zahlen wären – wenn man den Betrag nicht abzinst. Laut Grundsätzen: Ausgangspunkt sind auch hier 100 Euro – die jährliche Durchschnitts- provision der letzten fünf Jahre. Die Grundsätze besagen für Haftpflichtpolicen, dass die Durch- schnittsprovision im ersten Schritt mit 50 Prozent gewertet wird – also 50 Euro. In einem zweiten Schritt wird diese Summe mit einem festgelegten Faktor, abhängig von der Dauer der hauptberufli- chen selbstständigen Tätigkeit für das Unterneh- men, multipliziert. Bei 15 bis 19 Jahren beträgt die- ser Faktor 1,5. Somit erhält der Vertreter 75 Euro. Maximalbetrag: Bei beiden Rechenwegen werden dann alle Einzelpositionen wie diese hier bis zum Maximalbetrag addiert. Dieser Betrag ist laut Gesetz für Handelsvertreter auf maximal die Summe der im Jahr verdienten Provisionen gedeckelt, basierend auf dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Bei Versicherungsver- tretern sind es maximal drei Jahresprovisionen. STEUER & RECHT Ausgleichsanspruch 414 fondsprofessionell.de 2/2024 FOTO: © MARKUS BELOW | BANERJEE KOLLEGEN
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