FONDS professionell Deutschland, Sachwerte Spezial 2024

Pleite welle Pflegeheime werden wegen des demografischen Wandels als sichere Investments gepriesen. Doch Betreiberinsolvenzen häufen sich, Fachkräfte fehlen – und Senioren bleiben länger zu Hause. F ür die 71 Bewohner und 55 Mitarbei- ter des Pflegeheims „Zur Waldburg“ im schleswig-holsteinischen Lentföhrden kam das große Aufatmen noch pünktlich vor Weihnachten: Die insolvente Einrich- tung ist gerettet. Immac aus Hamburg, Spezialist für Gesundheitsimmobilien, übernahm im Dezember die Einrichtung mit ihren 90 Betten im Kreis Segeberg in einen seiner geschlossenen Spezial-AIFs. Mit im Boot als neuer Betreiber ist die Berliner Inter-Pares-Gruppe. Insolvenzver- walter Jens-Sören Schröder ist zufrieden: „Die nach vier Monaten intensiver Arbeit gefundene Fortführungslösung erfolgt ohne Einschnitte für die Belegschaft und die Bewohner.“ Für Lars-Vincent Scheffler, Transaktionsmanager Healthcare bei Im- mac, unterstreicht der Deal die Bedeutung von Pflegeheimfonds: „Die erfolgreiche Umsetzung dieser Transaktion zeigt einmal mehr die Wichtigkeit privater Investoren im Healthcare-Bereich.“ Mehr Pflegebedürftige Auf den ersten Blick überrascht es, dass ein Pflegeheim überhaupt insolvent geht. Schließlich hat sich die Zahl der Pflegebe- dürftigen in Deutschland allein von 1999 bis 2019 von 2,02 Millionen auf 4,13 Mil- lionen mehr als verdoppelt. Dennoch rollt eine Pleitewelle über die Einrichtungen hinweg. Allein in Nordrhein-Westfalen mel- deten 2023 Träger von 130 Pflegediensten eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit, informierte Gesund- heitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) jüngst den Landtag. Gegenüber dem Vor- jahr habe sich die Zahl der betroffenen Einrichtungen „verfünffacht“. Ein Auslöser der wirtschaftlichen Schief- lage ist der Fachkräftemangel. Das Pflege- heim in Lentföhrden konnte seit Länge- rem jede zehnte Vollzeitstelle nicht beset- zen, weil keine geeigneten Pflegekräfte zu finden waren. Nur 71 der vorhandenen 90 Betten konnten belegt werden – die Ein- nahmen lagen daher rund 21 Prozent un- ter Plan. Die Insolvenz war unabwendbar. Hinzu kommt ein weiterer Punkt: „Durch den demografischen Wandel steigt zwar die Zahl der Rentner“, sagt Günter Vornholz, Inhaber der Gesellschaft Immo- bilienresearch in Lüdinghausen, „aber die Menschen bleiben sehr viel länger gesund als früher und sind daher größtenteils erst im weit fortgeschrittenen Alter auf Pflege angewiesen.“Die meisten Senioren würden heute erst in ein Heim ziehen, wenn sie älter als 85 Jahre sind und nicht mehr ohne Hilfe auskämen. „Der Zeitraum, den Senioren in einem Heim verbringen, wird immer kürzer“, sagt der Ökonom. Dies bestätigen Daten der Caritas aus deren Senioreneinrichtungen.Danach sank die durchschnittliche Verweildauer von Die Zahl der Senioren in Deutschland steigt und steigt. Allerdings schlägt sich diese Entwicklung nicht eins zu eins auf die benötigten Pflegebetten durch, weil die Menschen länger gesund bleiben. SACHWERTE Healthcare 46 fondsprofessionell.de 2/2024 SPEZIAL FOTO: © BLVDONE | STOCK.ADOBE.COM

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